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Montag, 14. Dezember 2015

14. Dezember


Alle waren rechtschaffen müde gewesen gestern Abend. Trotzdem hatten sie den Markt noch aufgeräumt, abgebaut und alles verstaut und verpackt. Opa hatte das Karussell wieder auf den Tieflader gestellt, damit Hein Seemann zeitig wieder abreisen konnte und dann waren alle zufrieden in ihre Betten gekrochen. Auch Oma und Opa waren zufrieden und müde gewesen nach dem Besuch des Weihnachtsmarktes in Ahrweiler. Jeder träume von Maronen, Glühwein, wunderschönen Spielzeugen und weihnachtlichen Angeboten an den Ständen. Ob nun in Menschengröße oder winzig klein für Nisser. Früh um 5 hatte Opas Wecker geklingelt und als er nach unten kam, um sich seinen Kaffee zu kochen und dann ins Bad zu gehen, saß Hein Seemann schon in seinem LKW und bat durch das heruntergekurbelte Fenster, er möge ihn doch bitte aus der Hintertüre wieder herauslassen mit seinem Schwertransport. „Aber sicher doch, Herr Kollege“, sagte Opa und tat, um was er gebeten wurde. Er wünschte noch „allzeit gute Fahrt“ und schon brauste Hein um die Ecke und war verschwunden. Alle anderen im Haus schliefen noch tief und fest, als auch Opa sich auf den Weg zur Arbeit machte. Zwei Stunden später stand auch Oma auf und wunderte sich ganz und gar nicht, dass es so ruhig im Haus war. „Sollen sie ruhig ausschlafen nach all dem Trubel gestern“, murmelte sie und holte die Zeitung aus dem Briefkasten. Sie liebte die Ruhe bei der Zeitungslektüre früh am Morgen. Ihr Kaffee war fertig, sie ging damit zum Tisch und dann sah sie etwas sehr Kleines auf dem Tisch an ihrem angestammten Platz stehen. 

Ein Griff und schon hatte sie ihre Brille auf der Nase. Ohne konnte sie unmöglich sehen, was dort auf sie wartete. „Ach, Anders hat es nicht vergessen! Er hat mir wirklich den winzigen Nisser reserviert und gestern Abend noch hier auf dem Tisch abgestellt.“ Oma redete gern mit sich selbst, wenn sie dachte, sie sei allein. Sie nahm den Winzling in die Hand und sagte: „ Du hast mir schon vorgestern so gut gefallen. Dich musste ich unbedingt haben. So etwas Schönes können nur Nisser herstellen. Ich darf nicht vergessen, Anders nach dem Preis für dich zu fragen.“ 

Ein feines Stimmchen ertönte. „ Du kannst mich nicht kaufen! Nisser sind unverkäuflich. Sie suchen sich aus, wo sie wohnen und bleiben immer da, wo es ihnen gut geht.“ Fast hätte Oma den Winzling fallen gelassen, so sehr hatte sie sich erschrocken. Sie starrte auf ihre Hand und schüttelte den Kopf. „Das glaub ich ja nicht! Der Winzling da redet ja! Du meine Güte, was mach ich denn nun mit ihm?“ Die Antwort, die da aus ihrer Hand ertönte, verblüffte sie sehr. „Also, wenn du mich meinst, ich wohne jetzt hier und die anderen, die Anders gemacht hat, wollen auch hierbleiben. Dein Hausnisser, der Ole hat gesagt, das gehe in Ordnung. Du hättest ein Haus für uns. Eines, das genau passt und nur von einer alten Frau bewohnt wird, die sich furchtbar langweilt. Da können wir doch ein wenig Leben in die Bude bringen, oder?“ Oma war sprachlos. Dieser Ole war wohl von allen guten Geistern verlassen. Da vermietete er einfach so mir nichts -dir nichts die alte Blockhütte, die sie vor vielen Jahren einmal für ihre Mutter gebaut hatte und die nun als Dekoration im Eingang stand. Na der sollte was erleben. Wenigstens fragen hätte er können. „Hör mal“, fragte sie den kleinen Wicht, „ Anders wollte euch doch auf dem Weihnachtsmarkt verkaufen. Als ich dich das letzte Mal gesehen habe, warst du aus Knete gemacht und hast steif und starr mit den Übrigen auf dem Tisch gestanden. Wie um Himmels Willen geht das zu, dass du nun hier mit mir redest?“ Mit einem Grinsen im Gesicht antwortete der kleine Kerl: „Eine Oma wie du, die Geschichten erzählt, Nisser in ihr Haus lässt und ans Christkind glaubt, die muss doch nicht nach den Geheimissen der Weihnachtszeit fragen! Gestern waren die heilige Luzia, der Nikolaus und ein Englein hier. Es gibt doch nichts, was die Drei nicht bewerkstelligen können, oder? Jedenfalls hast du das gestern Abend noch deinem Enkel gesagt am Telefon.“  Da war sie nun mit ihren eigenen Waffen geschlagen. Das hatte sie davon. Sprachlos starrte sie auf ihre Handfläche. Was da wohl auf sie zukommen würde? Der Löffel klirrte und klimperte, als sie geistesabwesend in ihrem Kaffee rührte, bevor sie die Tasse zum Mund führte.  „Igitt! Schon wieder kalter Kaffee.“ entfuhr es ihr. Ein Kichern erinnerte sie daran, dass sie nicht alleine war. Entschlossen stellte sie die Kaffeetasse beiseite und schaue sich den Winzling noch einmal ganz aus der Nähe an. Wieder schüttelte sie den Kopf, als ob sie einen Tagtraum verscheuchen müssen und stellte dann eine Menge wichtiger Fragen. „Wie denkt ihr euch das mit der Blockhütte? Braucht ihr Hilfe? Muss ich euch täglich versorgen mit allem was man so benötigt zum Leben und wer sorgt dafür, dass ihr mir nicht unter meine Schuhsohle geratet, wenn ich im Haus umherlaufe? Dann ist da noch der Hund. Er könnte euch mit einem Haps verschlucken!“ Es dauerte einen Augenblick, bis ihr kleiner neuer Freund antwortete. „Oh, da sehe ich keinerlei Probleme. bisher ist die alte Dame in der Blockhütte ja auch ohne dich ausgekommen. Naja, fast.“ Er grinste und erklärte dann, dass diese Winzlinge alle nachtaktiv seien und niemals ihr Haus verlassen, wenn Menschen unterwegs seien. „Wir sind ja nicht lebensmüde! Versorgen können wir uns prima selber, solange du nicht abends nach dem Abendbrot gleich alle Teller abspülst und die Kessel mit den Resten zu dicht verschließt.“  „Aha, ihr seid also mit Borgern verwandt?“ Heftig nickend krabbelte der kleine Kerl von ihrer Handfläche herunter und sauste zum Teller mit den Keksen vom gestrigen Adventskaffee. Er schnappte sich einen Kekskrümel und zeigte ihr, wie groß ein solcher Krümel doch für ihn sei. Oma musste einsehen, dass Kekskrümel für ihn die Größe eines Brötchens besaßen und somit  ein ganzes Frühstück ergaben. Sie nickte zum Zeichen, dass sie verstanden hatte und war nun endgültig überredet, das Blockhaus freizugeben für die Racker. Gerade, als sie das auch laut sagen wollte, erschien Ole wie aus dem Nichts in der Küche. „Guten Morgen Oma. Ich sehe, du hast unseren neuen Mitbewohner schon kennengelernt. Das ist gut, da muss ich ja nix mehr erklären.“  Oma war sprachlos. Da kam dieser unmögliche Nisser einfach in ihre Küche geschlendert, als habe er nichts ausgefressen. Dabei hatte er vor Kurzem noch hoch und heilig versprochen, es werde keine weiteren Besucher ohne vorherige Absprache mehr geben. Sie seufzte, sah ihn tadelnd an und kochte sich wortlos einen neuen Kaffee. Ole hatte den Winzling auf den Arm genommen und war mit ihm um die Ecke verschwunden, noch ehe Oma ihn zur Rede stellen konnte.  


„Na warte, Bürschchen, so kommst du mir nicht davon!“ murmelte sie und schlich leise hinter den beiden her. Natürlich war Ole zur Blockhütte geflitzt, um den übrigens Winzlingen zu berichten, dass alles in Ordnung sei. Oma kam gerade noch rechtzeitig dazu, um zu sehen, wie Ole kurzerhand das Haus anhob, um in die Stube blicken zu können.

 Drinnen waren alle versammelt und warteten gespannt auf Oles Bericht.

 „Soll er doch zusehen, wie er das Haus wieder  ordentlich hinstellt. Die Suppe hat er sich selber eingebrockt. Ich trinke jetzt meinen Kaffee, bevor er wieder kalt ist.“ Oma hatte schon wieder mit sich selbst geredet und dadurch waren alle auf sie aufmerksam geworden. ein Vielstimmiges: „Dankeschön, das wir bleiben dürfen!“ tönte ihr nach, als sie schon halb wieder in der Küche war. Sie würde wohl den Rest des Tages damit zubringen müssen, darüber nachzudenken, wie sie das nun wieder dem Opa erklären sollte. Für heute jedenfalls hatte sie genug Aufregung gehabt und beschloss, nachher einfach die Enkel zu besuchen. Sollten die Nisser doch tun und lassen, was sie wollten. Und die Geschenke vom Weihnachtsmarkt in Ahrweiler würde sie Ole heute zur Strafe auch nicht geben. 

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