19.
Dezember
Opas
erster Urlaubstag begann mit einer Überraschung. Als er am Morgen aufwachte,
schaute er direkt in Oles Gesicht. Der Nisser saß auf Opas Kopfkissen und
schaute in einfach nur an. „Ole! was willst du denn schon von mir? Ich bin doch
noch gar nicht richtig wach.“ Ole rief
entrüstet: „ Opa, deine Augen sind auf, also bist du auch wach. Ich warte schon
ganz lange darauf. Mindestens eine Stunde sitze ich hier schon.“ Opa gähnte, reckte und streckte sich und setzte
sich im Bett auf. „Was hast du denn so Dringendes, kleiner Mann? Brauchst du
Hilfe?“ Die Antwort verblüffte ihn so,
dass er nun vollends wach war und die Beine aus dem Bett schwang. „Ja, Hilfe
brauchen wir ganz dringend. Mads sagt, zum Julefrokost an Weihnachten gehört
eingelegter Hering und wir müssen ans Meer, welche angeln. Ich habe meine Reuse
schon rausgesucht, den Korb bereitgestellt und der Bus ist ja Gott sei Dank
vollgetankt. Du musst uns aufschreiben, wie wir da hinkommen. Dein Navi ist zu
groß für den Bus. Das haben wir ausprobiert. Es versperrt die ganze Scheibe. So kann ich nicht fahren.“ „Heringe
angeln im Dezember? Der Mads ist ja nicht ganz bei Trost. Die kann man doch
kaufen in der Stadt. Wenn es so wichtig ist, dann fahre ich mit euch welche
holen im Fischgeschäft.“ Opa schüttelte den Kopf, nahm Ole vorsichtig in die
Hand und schlich sich aus dem Schlafzimmer. Oma und der kleine Enkel schliefen
noch und mussten nicht durch die Verrücktheiten der Nisser geweckt werden.
Unten im Flur stand der VW-Bus mitten auf dem Teppich.
Auf dem Beifahrersitz
saß Mads und schaute den Beiden ungeduldig entgegen, die da gerade die Treppe herunter
kamen. „Können wir nun endlich los? Nach Dänemark ist es viel zu weit, aber ich
weiß von meinem Opa, dass man in Holland auch Heringe fängt. Bis morgen Abend
sollten wir doch wohl zurück sein? Opa, ist das zu schaffen, wenn wir sofort
losfahren?“ Er hatte so schnell geredet, dass sogar Ole den Kopf schüttelte und
dann erklärte, dass sie nicht fahren müssten, weil man auch in der Eifel
Heringe kaufen kann und außerdem sei Dezember, habe Opa gesagt, da könne man
keine Heringe fangen. Mads war geschockt Daran hatte er nicht gedacht. Zuhause
ging man einfach zum Fjord, warf die Reuse aus und wartete bis zum nächsten
Tag. Irgendetwas konnte man immer darin finden, wenn man sie wieder aus dem
Wasser holte. Heringe in Nissergröße waren ja schließlich noch jung, dumm und neugierig. „Sag Opa, verkaufen
die wirklich Nisserheringe in der Eifel? Ich habe die Fischer im Hafen zu Hause
belauscht, als sie darüber geredet haben, wohin die dicksten und fettesten
Fische geliefert werden. Sie sagten: Die Deutschen wollen immer Fetthering vom
Herbst. Das sind für einen Nisser die reinsten Monsterfische. Damit kann
Lisbeth nichts anfangen.“ Nachdenklich schüttelte Opa den Kopf. „Nisserheringe
habe ich noch nie gesehen im Fischladen, da hast du leider Recht Mads. Aber
wenn es ihre Verwandten, die Sardinen sein dürfen, dann kann euch geholfen werden.
Die kriegt man hier zu kaufen. Frisch oder fertig eingelegt in Öl, ganz wie ihr
möchtet. Es wäre sowieso ein ungünstiger Zeitpunkt gewesen, jetzt ans Meer nach
Holland zu fahren. Morgen ist Sonntag und da wollten wir mit euch allen in den
Wald, den Weihnachtsbaum schlagen. Das hättet ihr dann verpasst, meine Lieben.
Wie ist es denn nun? Soll ich nachher mit euch in den Fischladen fahren?“
Ergeben nickte Mads. Was blieb ihm auch anderes übrig. Und dabei hatte er sich
so gefreut, ein wenig die Füße ins Meer zu stecken, während er auf die Heringe
wartete. Der Bus wurde also wieder eingeparkt, die Reuse kam in den Schuppen
und dann gab es Kaffee für alle, die schon wach waren. Während sie so gemütlich
beim Kaffee saßen, fragte Opa ganz nebenbei: „ Braucht ihr auch Weihnachtsbäume
oder ist das bei euch zu Hause nicht üblich? Leo kommt auf jeden Fall mit, der
will wieder einen eigenen Baum haben.“
Aber natürlich brauchen wir einen Weihnachtsbaum! Um was sollen wir den
sonst Weihnachten herumtanzen, wenn nicht um den Baum?“ Opa nickte und sagte: „Dann
ist es also abgemacht. Morgen holen wir die Bäume im Wald.“ Mads sah ihn an und
nickte. Er sah irgendwie traurig aus. „Was bedrückt dich denn, kleiner Mann?“
Opa konnte sich nicht vorstellen, was denn nun noch fehlen sollte. „Ach Opa,
mir fehlt etwas ganz wichtiges zu Weihnachten. Wann wird es denn hier bei euch
endlich mal so kalt, dass es schneit? Wir haben da von meinem Opi aus Schweden
eine ganz besondere Tradition übernommen. Da braucht man aber Schnee für. Sehr viel
Schnee!“ Oha….da war nun guter Rat teuer. Was sollte er dem Nisser nun
antworten? Die Wettervorhersage meldete seit Wochen Frühlingswetter und für
eine weiße Weihnacht gab es keine Chance. Es war eine Zeit lang still in der
Küche und Ole hielt es nicht mehr aus. „Er hat Recht Opa, ich hab doch den
tollen Schlitten bekommen und Anders hat sich vom Christkind Skier gewünscht.
wir brauchen Schnee.“ Opa schüttelte den Kopf. „Das liegt nicht in meiner
Macht, ihr Lieben. Ich könnte für euch im Gefrierschrank das Eis abkratzen und
euch das vors Haus kippen, aber bis ihr auch nur einen Schneemann gebaut habt,
ist das längst wieder aufgetaut. Es ist zu warm! Lasst uns warten, was Oma dazu
sagt, wenn sie aufsteht. Vielleicht weiß sie einen Rat.“ So kam es, das Oma mit
tausend Fragen überfallen wurde, als sie mit dem kleinen Enkel in der Küche zum
Frühstück erschien. „Junge, Junge, und das schon am frühen Morgen.“ Mehr sagte
sie nicht und man konnte sehen, wie sie nachdachte. „Geht es um die Kälte oder
soll es nur weiß sein und wie Schnee aussehen? Kälte kann ich keine machen,
dann müsstet ihr mit dem Puppenhaus in die Gefriertruhe einziehen und wer will
das schon. Aber künstlichen Schnee kann ich besorgen. Damit könnt ihr mit Hilfe
von Kleber auch Schneemänner machen und was immer ihr sonst noch vorhabt.“ Mads
war begeistert. Schnee, der nicht kalt an den Händen war, wenn man Schneebälle
machte. Das musste er zu Hause erzählen, wenn er wieder in Jütland war. Sowas
hatte er noch nie gehört. Tolle Sachen hatten die hier in der Eifel. Oma kam
mit einem Glas an, das war voller fertiger Schneebälle und Mads und Ole sprangen
voller Vergnügen mitten hinein in die weiße Pracht.
Ihr Gejauchze lockte auch die anderen Nisser
an und bald war eine feine Schneeballschlacht zu Gange mitten in Omas Flur.
Die
Schneebälle waren überhaupt nicht kalt und so dauerte die Schlacht viel länger
als sie es jemals vorher erlebt hatten. Oma, Opa und ihr Enkel standen lachend
dabei und besonders Oma freute sich, dass die das Riesenproblem so schnell
hatte beseitigen können.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen