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Samstag, 12. Dezember 2015

12. Dezember
Der Markt nimmt Gestalt an



Heute Morgen war Oma etwas länger im Bett geblieben wie jeden Samstag. Opa hatte frei und da konnte man ja ausschlafen. Dachten die Beiden jedenfalls. Leider hatten sie die Rechnung ohne ihre Mitbewohner gemacht. Im Flur ertönte ein lautes: „Hau ruck!“ und dann gab es ein fürchterliches Gepolter und ein paar unschöne Flüche waren zu hören. Mit einem Satz war Oma aus dem Bett und gleich darauf stand sie oben auf dem Treppenabsatz und starrte entsetzt nach unten. Dort lagen die Nisser wie Kraut und Rüben durcheinander auf dem Boden, halb begraben unter einer großen Holzplatte, die bis gestern noch in ihrem Bastelzimmer gestanden hatte. Sie sauste die Treppe hinunter, hob die Platte vorsichtig auf und erkundigte sich, ob jemand verletzt sei. „Nöö, Nöö, Oma, alles gut. Nur die Platte hat jetzt ne Ecke ab.“ Ole saß auf seinem Po und rieb sich den Ellbogen. Mads rappelte sich gerade wieder auf und stellte fest: „ So ein Nisserhut ist ein wunderbarer Unfallschutz. Das hätte leicht ins Auge gehen können.“ Endlich kam auch Opa nach unten und erkundigte sich ein wenig unwirsch: „ Darf ich erfahren, was hier vorgeht? Ein solcher Tumult frühmorgens, wenn ich endlich mal frei habe, ist nicht mein Traumstart in den Tag, meine Herren.“ Nissermorfar entschuldigte sich im Namen aller mit den Worten: „ Wir müssen den Markt aufbauen und brauchten die Platte für den Marktplatz. Dich wollten wir nicht fragen. Du hast dir deinen Schlaf redlich verdient. Als wir Oma auch nicht finden konnten, haben wir beschlossen, dass vier starke Nisser das auch allein schaffen können. Hätte auch fast geklappt, aber eure Treppe ist zu steil. Da wurde die Platte zu schwer und ist alleine nach unten gerutscht und wir hinterdrein. Tut mir wirklich sehr leid, dass du wach geworden bist.“ „Ja ja, schon gut. Wo soll das vermalmedeite Ding denn hin? Da werdet ihr ja wohl auch Hilfe brauchen. Kann ich ja vorm Kaffee noch erledigen, wenn es so eilig ist.“ Alle redeten durcheinander und Opa verstand absolut nichts.  „Ruhe!“ donnerte er und befahl Ole, ihm zu erklären, wo er de Platte anbringen solle.  „Na vor mein Haus natürlich! Ist doch klar. Der Markt findet dort statt. Da haben wir Strom, Wasser und was man sonst noch so braucht. Wir hatten überlegt, das wir die Schublade von eurer Kommode hervorziehen und dann da die Plate drauf festmachen. Meinst du, das geht?“ Opa zwirbelte seinen Schnurbart( das tat er immer, wenn er überlegen musste). „Kriegen wir hin, irgendwie.“ murmelte er und trug die Platte zur Kommode.  nach ein wenig Fummelei und mit Hilfe zweier Schraubzwingen gelang es ihm die Wünsche der Nisser wahr zu machen.  Er bekam von Oma einen Kaffee serviert und vertiefte sich in seine Zeitung. Die Nisser wuselten wie verrückt durch den Flur, zwischendurch lief immer wieder einer in den Keller des Puppenhauses und kam mit immer neuen Sachen daraus hervor. 

Oma und Opa ließen sich nicht weiter stören und bekamen so auch nicht mit, wie der Luziamarkt immer größer und schöner wurde. Oma wollte gerade zwei weitere Tassen Kaffee kochen, als Leo in der Küche erschien. „Ich hab da mal ne Frage“, begann er zögerlich. „ Müsst ihr heute noch mal weg oder seid ihr den ganzen Tag zu Hause?“  Opa sah ihn fragend an. „Wir wollen das Treppenhaus streichen, da bleibt keine Zeit zum Wegfahren. Worum geht es denn?“ Leo druckste ein wenig herum. „Hmm, nun, jaaa aaaalso. das ist so: Da soll heute noch eine etwas größere Lieferung ankommen. Die ins Haus zu kriegen, da reichen vier starke Nisser leider nicht aus. Wir bräuchten da ein wenig Hilfe. Außerdem haben wir gestern endlich die bestellte Nissertür geliefert bekommen und müssten nun mit dir und Oma überlegen, wo wir die einbauen. Es ist ja kein Zustand, dass immer einer von euch uns rein- oder rauslassen muss.“ „Eine Nissertür?“ Oma war ganz entzückt. „Wo kann man denn sowas bestellen?“  Mads kam herbeigelaufen und rief: „ Die kommt vom Holmsland Klit, aus meinem Heimatort Hvide Sande. In Dänemark ist es üblich, eine solche im Advent am Haus anzubringen, damit wir unbemerkt ein- und ausgehen können in den Häusern. Ein netter Herr aus Bremen hat sie dort gekauft und sie uns geschickt. Die Packung hätten wir unmöglich mit auf die Reise nehmen können. Lisbeth und ich hatten schon genug mit unserem Gepäck zu tun.“ Er zupfte an Omas Schürze und versuchte, sie in den Flur zu ziehen. natürlich folgte sie der Aufforderung gerne und stand ungläubig vor einer Schachtel mit der Aufschrift NISSERDØR. 


Sie kratze sich am Kopf und fragte laut: „Wie um alles in der Welt habt ihr das schwere Paket denn ins Haus bekommen? Und überhaupt, gestern ist die Post doch durchgefahren und hat gar nicht angehalten. Her stimmt doch etwas nicht!“ Mads erklärte ihr, dass nachmittags, als sie einkaufen war, der DHL-Mann gekommen sei und ihre Tochter habe das Paket angenommen und hereingetragen. „Ach so, das ist was Anderes. habt ihr dann wohl schnell versteckt, damit ich es nicht sehe, ihr Racker?“ Verschmitzt schaute Mads sie an und nickte. „Na, dann werde ich mal mit Opa überlegen, wo wir sie am besten einbauen und dann kümmern wir uns drum, während ihr weiter an eurem Weihnachtsmarkt arbeite. Ich werde nicht hinschauen, bis ihr es mir erlaubt.“  „Och, da gibt es auch nicht viel zu sehen, Oma“ , rief Ole aus dem Flur. „Einräumen tun wir, wenn ihr schlaft. Es soll doch eine Überraschung werden und überhaupt sind viele Sachen noch gar nicht fertig. Wir müssen uns wirklich beeilen und würden uns freuen, wenn ihr das mit der Türe für uns erledigen könntet. Würde sonst morgen kein schöner Tag, wenn einer von euch bei der Tür sehen bleiben muss, um die Besucher hereinzulassen.“  „Besucher? Ich höre das Wort Besucher! Wer um Himmels Willen kommt denn morgen?“ Vorlaut rief Ole ihr zu: „Du stellst Fragen Oma. Das wissen wir doch nicht. Wir haben Briefe an alle Freunde und Verwandte geschickt und sie eingeladen. Hoffentlich bringen sie genügend andere mit, damit wir auch ordentlich was verkaufen.“ Oma schaute Opa an und die beiden grinsten sich an. „Schatz, wir fahren morgen auf einen Weihnachtsmarkt. Wenn ich noch mehr durchgefrorene Nisser aufnehme ins Haus, dann reicht das Bastelzimmer nicht mehr aus für all die Puppenhäuser. Ich kenne mich, ich kann nicht nein sagen, wenn sie durchgefroren um Obdach bitten.“ Opa nahm sie in den Arm und lachte. „Liebes, du bist eine herzensgute Nisseroma, aber ich freue mich, dass du das eingesehen hast. Fahren wir also auf den Weihnachtsmarkt.“ Erst einmal aber mussten sie einkaufen und dann den Flur streichen. Die Nisser werkelten weiter an ihrem Weihnachtsmarkt und ab und zu sauste jemand zur Haustüre, um nachzusehen, ob die erwartete Lieferung endlich da wäre. Im Puppenhaus klingelte Oles Handy. Er meldete sich und nachdem er aufgelegt hatte, schlurfte er betrübt zurück auf den Marktplatz vor seinem Haus. Die anderen sahen ihn erwartungsvoll an. „Das war der Schwertransport. Er wird sich um mindestens vier Stunden verspäten. Es wird also Mitternacht werden, bevor er kommt. Hoffentlich ist Opa so lange wach. sonst haben wir ein Problem.“ Leo sah ihn nachdenklich an. „Und wenn wir ihn am Hoftor hereinlotsen? Dann könnte er von hinten durch den Hof ebenerdig bis in den Flur fahren und Opa kann uns morgen früh rasch helfen beim Aufbau der Überraschung.“ Emilia stand mit einem weiteren Korb voller Kerzen am Balkongeländer und war sehr stolz auf ihren klugen Mann. „Leo, du bist unser Held. Für jedes Problem weißt du sofort eine Lösung. Wenn der Fahrer so spät hier ankommt, wird er wohl kaum noch abladen wollen. Wir werden ihm ein Bett in die Remise stellen, da kann er sich ausruhen und morgen  dann wieder heimfahren.“  „Emilia, er bleibt hier bis nach dem Markt. Dann kann er seine Ladung sofort wieder mitnehmen. Ich wäre dafür, dass er in unserem Gästezimmer übernachtet, da ist es wesentlich bequemer als in der Remise.“ Leo hatte im Stillen daran gedacht, dass er mit dem Fahrer dann auch den ein oder andern Glögg trinken könnte und sie beide hätten es dann nicht mehr weit bis zu ihren Betten. Ein praktisch veranlagter junger Nisser eben. So verging der Tag mit viel Arbeit, Gelächter und Getuschel. Ab und an wurde Oma noch um ein Teil aus ihrer Puppenstuben-Sammlung erleichtert und so langsam wurde der Marktplatz zu einem wunder-schönen Weihnachtsmarkt. 


Gegen Abend bekamen die Nisser noch einen Stromanschluss und bevor sich alle zum ersten Glögg des Jahres versammeln konnten, wurde die Beleuchtung feierlich ausprobiert.




Freitag, 11. Dezember 2015

11. Dezember




In Oles Puppenstube fand eine geheime Konferenz statt. Leo, Mads, Ole und Bente Nissermorfar saßen im Wohnzimmer und steckten die Köpfe zusammen während in der Küche das Frühstück gemacht wurde. Magrete Nissermormor konnte dabei leider nicht behilflich sein, weil sie einfach zu groß für die Küche war. So saß sie vor dem Haus und tat das gleiche wie Oma gestern…. Strümpfe stricken.  Mads und klein Jette kneteten winzige Nisser, die sie auf dem Weihnachtsmarkt verkaufen wollten.  Oma ging auf dem Weg ins Bad am Puppenhaus vorbei und wunderte sich darüber, dass das Gespräch im Wohnzimmer verstummte, als die Herren sie bemerkten.  Sie schüttelte den Kopf. „ Was die wohl schon wieder aushecken? Naja, wir werden sehen. Bisher war es ja mehr oder weniger harmlos, was sie angestellt haben.“ sagte sie zu sich selber und setzte ihren Weg ins Bad fort. Wieder zurück in der Küche kochte sie sich einen Kaffee und griff nach der Tageszeitung. Ein paar Minuten später schob sich Oles Kopf unter der Zeitung hindurch. „Oma, ich hab eine Bitte an dich. Du müsstest mir etwas leihen aus deiner Puppenzeugs-Sammlung.“ Oma ließ die Zeitung sinken und Ole krabbelte darunter hindurch, um sie dann zu fragen: „ Meinst du, du kannst das tun? Es ist dringend, wirklich!“ „Aber natürlich leihe ich euch, was immer ihr braucht, lieber Ole. Was genau ist es denn und wozu brauchst du es?“ Ole druckste ein wenig herum. „Wir brauchen deinen Einkochkessel und wenn du hast, einen großen Kochlöffel noch dazu. Den Rest haben wir schon zusammengesucht und könnten gleich loslegen, wenn wir den Kessel haben.“ „Wollt ihr Eintopf kochen für den Luziamarkt? Dafür könnt ihr ihn natürlich sofort haben. Das ist eine wirklich tolle Idee.“  Ole kicherte und rief im Herauslaufen über die Schulter zurück: „ Danke Oma, du bist die Beste!“  Im Keller vom Puppenhaus angekommen flüsterte er: „Oma denkt, wir kochen Suppe für den Weihnachtsmarkt. Den Kessel kriegen wir jedenfalls! Allgemeiner Jubel tönte durch den Keller und Bente Nissermorfars  tiefe Stimme verkündete: „ Dann mal los, meine Herren Nisser. Wir brauchen Wasser, mindestens 5 Eimer voll und Holz für den Herd. Den Rest habe ich in meinem Koffer mitgebracht. Alle Zutaten frisch aus Dänemark mitgebracht. Eile ist geboten, sonst haben wir Weihnachten nichts davon.“  Leo wollte sich gern um das Feuerholz kümmern, Mads und Ole gingen Wasser holen und der Nissermorfar stieg die Treppe hoch, um im Kleiderschrank den Koffer zu holen.  Oma hatte in der Zwischenzeit den Einkochkessel gesucht und auch gefunden.

 Sie stellte ihn vor die Kellertüre und schaute  in die Küche, wo Emilia und Lisbeth gerade die Tassen aus dem Schrank holten, um den Tisch zu decken. Oma fragte, ob sie alle Zutaten im Hause hätten für den geplanten Eintopf und die beiden sahen sich verwundert an. „Eintopf?“ fragte Lisbeth. „Welcher Eintopf?“ „Na, der für den Luziamarkt!“ antwortete Oma erstaunt. „wisst ihr noch gar nichts davon? Ole hat sich meinen Einkochkessel ausgeliehen dafür.“ Emilia schüttelte den Kopf und Lisbeth rätselte herum: „ Ob die sich das gerade eben erst ausgedacht haben? Immer für eine Überraschung gut, diese Männer. Na, sie werden es uns wohl sagen, wenn sie soweit sind.“ 

Oma bot ihnen an, die Vorratsraumtüre einen Spalt offen zu lassen, damit sie benötigte Zutaten jederzeit selber holen könnten und begann damit, den Teig für ihren Christstollen vorzubereiten. So langsam wurde es nämlich Zeit dafür. sie hätte es beinahe vergessen. Dieser Advent so randvoll mit Besuchern, dass sie so langsam befürchten musste, ihre üblichen Vorbereitungen nicht mehr rechtzeitig beenden zu können.  Sie knetete und walkte den Teig, mischte Rosinen, Orangeat und Zitronat darunter und dann musste sie warten bis der Teig gegangen war. Aus dem Puppenhaus hörte man leise Unterhaltungen, dann wurde es still. Aha, dachte Oma, nun frühstücken sie wohl. Sollte ich auch tun, nachher ist keine Gelegenheit mehr dazu, wenn der Tisch voll mit Mehl und Teig ist. Sie schmierte sich ein Käsebrot und griff nach ihrem Kaffee. Natürlich war der mal wieder kalt und sie schüttelte sich ein wenig, als sie daran nippte.  Ihr Blick ging zum Fenster. Draußen fuhr das Postauto vorbei, ohne bei ihrem Haus zu halten. Fast war sie ein wenig erleichtert, heute kein sprechendes Paket zu erhalten. Ob die Nisserkinder wohl schon fertig waren mit ihrer Bastelarbeit? Sie wollte doch zu gern wissen, was sie im Advent basteln und womit die geheimen Wohnungen geschmückt werden in den Ländern im Norden. Gespannt trat sie ans Puppenhaus heran und fragte, ob sie sehen dürfe, was dort gebastelt würde. Anders sprang auf und rief: „Aber klar doch! Wenn dir die Sachen gefallen, kannst du sie am Sonntag bei mir kaufen.“ Nissermormor sah ihn tadelnd über ihre Brille hinweg an: „Anders, die Hausmutter hier muss nichts kaufen. Sie bekommt Geschenke, das ist ja wohl selbstverständlich.“ Anders schaute zerknirscht auf seine Holzschuhe. Das er daran aber auch nicht gedacht hatte. Er war so versessen darauf, ein wenig Geld zu verdienen um seinen Eltern auch ein Weihnachtsgeschenk zu kaufen, dass er da wohl übers Ziel hinausgeschossen war. Er hielt Oma einen winzigen Nisser entgegen. 

„Schau, den hab ich gemacht! Wenn er dir gefällt, gehört er dir.“ Oma kniff die Augen zusammen, um seine Arbeit bewundern zu können, aber sie konnte nichts erkennen. Da fiel ihr ein, dass ihre Brille ja noch auf dem Küchentisch lag. „Augenblick, bin gleich wieder da.“ Es dauerte nur ein paar Augenblicke, bis sie mit Brille auf der Nase wieder am Puppenhaus stand. „Das sind ja kleine Kunstwerke! Solch kostbare Geschenke kann ich nicht annehmen. Wenn du ihn mir bis Sonntag zum Markt reservieren kannst, werde ich ihn dir abkaufen, wie es sich gehört.“ Es schien, als sei Anders einen halben Zentimeter gewachsen bei ihren lobenden Worten. Er nickte und bat sie, sich auch die anderen Basteleien anzusehen. Es war wirklich erstaunlich, was er da gemeinsam mit klein Jette in den letzten Stunden hergestellt hatte. Ein Naturtalent. Er sollte Bildhauer werden oder etwas Ähnliches, dachte sie bei sich und freute sich darauf, den winzigen Nisser bald besitzen zu dürfen. Ein wenig vorgebeugt betrachtete sie dann den Strumpf, den Nissermormor gerade fertig gestrickt hatte und tauschte sich mit ihr über die verschiedenen Arten eine Ferse zu stricken aus.

 Als sie dem Puppenhaus dabei etwas zu nahe kam, stieg ihr ein seltsamer Geruch in die Nase. Sie schnupperte und sah Nissermormor fragend an: „Um Himmels Willen, was ist das für ein Gestank? Kommt das aus dem Keller? Seltsame Eintöpfe kochen die Drei .Ich bin mir nicht sicher, ob ich den probieren will bei eurem Weihnachtsmarkt.“ Nissermormor grinste: „ Das muss so riechen, dass sind die Kräuter. Ohne ist es kein Julebryg.“ „Was auch immer das ist, es riecht unangenehm.“ Mit diesen Worten drehte Oma sich um und ging zurück in die Küche. Im gleichen Augenblick hörte man sie rufen: „ Ach du liebes Lieschen, das gibt es doch nicht. So eine Sauerei aber auch.“ Aus allen Ecken des Hauses kamen die Nisser herbeigelaufen um zu sehen, ob sie helfen könnten. Allen voran stürmte Ole in die Küche und rief: „ Was ist passiert?“ Dann brach er in schallendes Gelächter aus, als er die Bescherung sah. „Oma! Dein Teig geht ja spazieren! Die Arbeitsplatte hat er schon verlassen.“  „Ja ja, Lach du nur. Nun weißt du, was es heißt, wenn man sagt: der Teig muss gehen. Leider ist er zu weit gegangen und ich hab nun die Sauerei in der Küche.“ Oma fand die Situation alles andere als lustig und begann, den Teig von der Schranktüre abzukratzen. Alle Nisser halfen ihr, so gut sie konnten und als der Teig wieder eingefangen war, knetete Oma in wieder klein, damit er wieder in seine Schüssel passte. Emilia, Lisbeth und Magrete Nissermormor durften sich jede ein klein wenig davon mitnehmen und so wurde in den Nisserwohnungen auch Christstollen gebacken. Der Duft zog durchs ganze Haus und bald roch man den seltsamen Eintopf, der im Keller vor sich hin kochte, nur noch, wenn man seine Nase zur Kellertüre hereinsteckte. Daran war Oma nun aber überhaupt nicht interessiert und so erfuhr sie auch nicht, was genau da im Keller zusammengebraut wurde. 

Donnerstag, 10. Dezember 2015

10. Dezember


Eigentlich hatte Oma heute für letzte Weihnachtsgeschenke in die Stadt gewollt. Aber daraus wurde nichts, weil ja Jettes Eltern immer noch auf der Reise in die Eifel waren und es immer noch keine eigene Haustüre für die Nisser gab. Also hieß es warten auf die Post. Die Nisser hatten reichlich zu tun mit den Vorbereitungen für ihren Weihnachtsmarkt. Der sollte nämlich Luziamarkt heißen und am Sonntag, den 13. Dezember stattfinden. Alle hatten zu tun und Omas Scheunentor musste leider warten. „Es fehlt noch ein Scharnier, das muss geliefert werden.“ Ole stand zerknirscht vor Oma und überbrachte die schlechte Nachricht. Sie hatte es mit einem tiefen Seufzer hingenommen und sich damit abgefunden, dass sie wohl vor diesem geplanten Markt nicht mehr mit der Reparatur rechnen durfte. In der Küche lag noch ein angefangenes Paar Socken für einen der Enkelsöhne. Also beschloss sie, sich die Zeit der Wartens auf die Post damit zu vertreiben, sie endlich fertig zu stricken. Genau in dem Moment erschien aus heiterem Himmel Leo in ihrer Küche. „Hör mal Oma, ich hab dir einen Vorschlag zu machen.“ Sie schaute von ihrem Strickzeug auf und wartete darauf, dass er weiterreden würde. „Nun ja, Emilia und ich würden gerne umziehen und unsere Wohnung Jette und ihrer Sippe überlassen. Du hast so viele schöne Puppenhäuser und Emilia hat jetzt schon ein paar Mal tief geseufzt, wenn sie Oles tolle Küche wieder verlassen musste. Ich glaube, sie hätte auch gerne einen Elektroherd und Kühlschrank. Wir wohnen ja dauerhaft bei dir, da wäre es toll, wenn wir eines deiner anderen Häuser renovieren und beziehen dürften. Die geheime Wohnung unter der Treppe ist passender für Besucher, die zu Hause auch so wohnen.“  Oma grinste. Darauf hatte sie schon lange gewartet. „So so , ihr wollt umziehen? Habt ihr euch denn auch schon entschieden, welches Haus ihr beziehen möchtet?“ Leo druckste ein wenig herum und dann sprudelte es aus ihm heraus: „ Du hast doch noch so eins, wie Ole bewohnt. Eins mit Keller und Balkon. Das würden wir gerne nehmen, wenn es dir recht ist. Es hat zwei Schlafzimmer und falls wir mal unsere Familie vergrößern möchten, müsstest du nicht anbauen. Der Keller ist ne prima Sache, da kann ich eine Werkstatt drin einrichten mit all den Sachen von Onkel Waldemar. Der will sich zur Ruhe setzen.“  „Familie vergrößern?“ Oma glaubte, sich verhört zu haben. „Ist bei euch Nachwuchs im Anmarsch? Muss ich Babybetten besorgen? Leo, nun sag schon!“ Leo lachte: „Nein, keine Bange, noch nicht, aber es könnte ja passieren, oder?“ Erleichtert griff Oma wieder zum Strickzeug und nickte bedächtig. „Ihr könnt das Haus haben, aber ich sag euch gleich: Vor Weihnachten hab ich keine Zeit mehr, mit euch irgendwas zu tapezieren oder so. Ihr müsst es mit den alten Tapeten nehmen und wenn es irgendwelche Probleme gibt, müssen die anderen Nisser euch behilflich sein.“ Leo hüpfte vor Freude und sauste zu den anderen in den Flur. „Wir kriegen das Haus, und wir dürfen umziehen. Das ist das beste Weihnachtsgeschenk aller Zeiten. Helft ihr uns? Dann kann Jette in unsere Wohnung einziehen, wenn ihre Familie da ist.“ Es klingelte an der Haustüre. Oma öffnete und stand einer genervten Postbotin gegenüber . "Gute Frau, ich werde mich weigern, ihnen weitere Pakete zu liefern. So geht das nicht weiter. Gestern ein Paket, das gejammert hat, heute eins, das schimpft wie ein Rohrspatz. Meine armen Nerven!“ Oma erhaschte einen Blick auf den Absender und wusste sofort, wer oder was der schimpfende Inhalt des Paketes sein musste, dass die Postbotin immer noch in der Hand hielt. Sie entschuldigte sich mehrfach und versprach hoch und heilig, dafür zu sorgen, dass so etwas nicht wieder vorkomme. Dann quittierte sie den Erhalt des Paketes und ging kopfschüttelnd damit in ihre Küche. Dort hatte sich schon die ganze Nisserbande auf ihrem Küchentisch eingefunden und wartete gespannt darauf, dass sie es öffnete. Kaum hatte sie das Paketband zerschnitten, da sprang auch schon der Deckel auf. „ Endlich, das hat ja ne Ewigkeit gedauert!“grummelte eine tiefe Stimme und Jette schrie: „ Opa, da bist du ja.“ Zwei Köpfe schoben sich über den Rand des Paketes und mit einem Satz standen  zwei weitere Nisser  auf Omas Küchentisch. Jette stürmte auf die beiden zu und wurde von ihrer Oma sofort auf den Arm genommen und geherzt und geküsst. 

„Das ich nur wieder bei dir bin, Liebes. Das machen wir nie wieder. Getrennte Reisen, nur um Porto sparen, gibt es nicht mehr. Hörst du, Nisservater?“  Zerknirscht antwortete der: „ Ja, ja, schon gut. Es ist sowieso beschlossene Sache, das ich nie wieder Kopf über, Kopf unter in einem Paket mit der Post verreisen werde. Ich fürchte, wir werden länger hier verweilen müssen als geplant.“ Ole hatte sich zwischen all den Anderen nach vorn geschoben und begrüßte, die beiden Neuankömmlinge. „ Hallo, da seid ihr ja. Ich freue mich so, euch wiederzusehen. Tut mir leid, dass ihr so eine unbequeme Reise hattet, aber ich wusste mir keinen anderen Rat, als euch die Reise im Paket zu empfehlen.“  Ein Räuspern ließ ihn verstummen. „Liebe Nisserfamilie aus Odense! Willkommen in meinem Haus. Ich bin Oma und freue mich sehr, euch kennenzulernen. Darf ich euch zu einem guten Frühstück einladen? Bei der Gelegenheit können wir dann auch besprechen, wo ihr unterkommt.“ Damit waren nicht nur die neuen Gäste einverstanden, nein auch der Rest der Bande merkte, dass sie vor lauter Vorbereitungen für den Luziamarkt total vergessen hatten, wie nötig sie ein Frühstück hatten. Es war also beschlossen. Oma holte weitere Sitzgelegenheiten, Geschirr und beim Bäcker die berühmten Olebrötchen und dann ging es ans Schmausen. Alle redeten durcheinander und da sich Dänisch mit Deutsch mischte, war es auf die Dauer doch sehr anstrengend, den Gesprächen zu lauschen. Sie wandte sich wieder dem Strickzeug zu und überließ die Nisser sich selbst. Erst als es ganz still geworden war in ihrer Küche, bemerkte sie, dass alle verschwunden waren. Alle? Nein! Anders saß marmeladenverschmiert am Tisch und schleckte die letzten Reste aus dem Glas.

 „Aber Anders, wie siehst du denn aus? Haben wir keine Löffel? Und überhaupt gehört Marmelade aufs Brot und nicht in deine Ohren und Haare.“  Anders zuckte zusammen. Erwischt! Mist! Er zog seine Hand aus dem Marmeladentopf und sah Oma mit einem Dackelblick an, der Steine hätte erweichen können. „Die war so lecker Oma, da konnte ich nicht widerstehen.“ Oma hatte sichtlich Mühe, streng zu bleiben und schickte ihn ins Bad, um sein Gesicht zu waschen.  Als sie nachschauen wollte, wohin die anderen  verschwunden waren, hörte sie von oben von der Dachbodentreppe: „Sieht gemütlich aus, aber es gibt kein Bett, in das wir hineinpassen.“ Das war die Stimme des Nissergroßvaters, dessen Name sie immer noch nicht wusste. Das sie daran auch nicht selber gedacht hatte. Er war um einiges größer als die anderen Nisser und würde sicher ein großes Bett brauchen. Der Rest der Einrichtung bedürfte sicher auch einer Sichtung und müsste ausgetauscht werden. Dann aber hatten die Gäste ein Platzproblem. 

Sie brauchte dringend eine Denkpause. Das bedeutete bei ihr immer Kaffee kochen. Genau das tat sie und während sie grübelnd in ihrer Tasse rührte, kam Ole angeschlichen. „Oma, wir brauchen Hilfe. Magrete Nissermormor und Bengt Nissermorfar passen nicht in deine Möbel unter der Treppe. Was machen wir nur? Ich hab ihnen eine feine Ferienwohnung versprochen, wenn sie kommen.“ „Schhhh, Ruhe, ich denke!“ Oma wiegelte ab und rührte weiter in ihrem Kaffee. Ole tänzelte nervös von einem Fuß auf den anderen. Als sie endlich am Kaffee nippte und das Gesicht verzog, musste Ole lachen. „Na, schon wieder kalt?“ Oma schob die Tasse beiseite und ging mit den Worten: „ Ich glaub, ich hab die Lösung des Problems gefunden“, ins Obergeschoss, öffnete den Vitrinenschrank und griff nach einem Bett in passender Größe. Sie bat Nissermorfar und Nissermormor, es sich anzuschauen. Ein kurzes Probeliegen und die beiden bedankten sich herzlich für das Bett. Oma versuchte, es in der Wohnung unterzubringen, aber es konnte nirgendwo richtig stehen. So ging das nicht. Da musste eine andere Lösung her. Oma schaute sich die Vitrine an. Die Sache war klar. Die Ferienwohnung würde in die Vitrine verlegt werden müssen.  Es wurde geschoben, gestapelt und umgeräumt und am Ende war eine echt prima Nisserbehausung  entstanden. Bente Nissermorfar schleppte den großen Koffer heran, in dem sich die wichtigsten Sachen von zu Hause befanden, räumte ihn gleich aus und schob ihn in eine Ecke im Kleiderschrank. 


Alles war wunderbar, doch halt, etwas fehlte! Es gab kein Bett für klein Jette. Doch auch dafür wusste Oma Abhilfe und kurze Zeit später lag sie auch schon im Bett und sollte Mittagsschlaf halten. 

 Oma konnte endlich an ihr Strickzeug zurückkehren, Lisbeth und Emilia verschwanden in Oles Küche und die Übrigen zogen sich wieder in den Keller zurück, wo man sie bald wieder hämmern und sägen hörte.  In der Vitrinenwohnung war es auch ein wenig still geworden. Nissermorfar saß am Tisch, rauchte eine Pfeife und schaute seiner Frau zufrieden zu, wie sie ihre neue Küche inspizierte. So verging der Nachmittag wie im Flug und als Opa heimkehrte, hatte Oma ihm eine Menge zu berichten.



Mittwoch, 9. Dezember 2015

9. Dezember

Es klingelte an Omas Haustüre. Sie lief rasch, um nachzusehen, wer das wohl sein könne. Es war die Postbotin. Sie war ein wenig ratlos. „Frau Oma, da ist ein Paket an den Herrn Ole Nisser.  Das er hier wohnt, weiß ich ja, aber Pakete, die auf der Fahrt mit mir reden, transportiere ich nie wieder. Richten sie ihm das bitte aus!“ „Ein Paket hat geredet? Sind sie sicher, dass das nicht aus ihrem Radio kam? Sowas habe ich ja noch nie gehört.“ Da erklang ein dünnes Stimmchen: „Ich bin im Paket! Hier ist es dunkel. Mir ist kalt und die Frau, die sich über mich beschwert hat, die fährt nicht gerade sanft ihr Auto. Kannst du mich bitte endlich rauslassen Ole-Oma? Mir ist schlecht!“ Oma war nun doch überzeugt,  dass Pakete reden können, quittierte rasch den Erhalt und nahm es an sich. Dann warf sie die Tür zu und sauste damit in die Küche. Unterwegs rüttelte sie noch schnell Ole wach und als dieser verschlafen in der Küche erschien, hatte sie schon das Paketband mit der Schere zerschnitten. Ole sah gerade noch, wie sich der Deckel des Paketes hob und eine rote Zipfelmütze erschien.

 „Donnerkiel und Ungewitter, was ist das?“ entfuhr es ihm und die Mütze antwortete: „ Ole Nisser! Bist du es wirklich? Ich bin es, die Jette aus Odense. Du hast mich und meine Großeltern eingeladen, dich zu besuchen. Hast du das vergessen?“ Ole wurde grün um die Nase. Davon hatte er Oma noch gar nichts berichtet und ehrlich gesagt, vor Weihnachten hatte er auch nicht mit noch mehr Besuch gerechnet. Er trat vorsichtig ans Paket heran und sah, dass Jette wohl doch alleine angereist war. 

Fragend sah er Oma an und die lachte: „Na, ein Bett werden wir wohl noch finden für dich. Auf einen mehr oder weniger kommt es doch nicht an.“ „Wieso einen? Sind Oma und Opa noch nicht hier?“Jette zog ein Schnütchen, als ob sie gleich weinen würde und Omas weiches Herz schmolz dahin. „ Na, wer wird denn gleich weinen? Seid ihr zusammen abgereist? Dann sind sie sicher unterwegs aufgehalten worden. Bis morgen wirst du es doch bei uns aushalten, oder?“ Die kleine Jette schniefte ein wenig und nickte dann tapfer. Praktisch, wie Oma nun einmal ist, kochte sie für das Tomtenkind( ja, es war eines, wie man unschwer an der Zipfelmütze erkennen konnte)einen feinen Tee und bot ihm ein Marmeladenbrot an. Da inzwischen auch die ganze übrige Bande in der Küche erschienen war, würde das Frühstück stark erweitert und Anders bot am Ende Jette sein Bett an für einen kleinen Mittagsschlaf. Das nahm sie gerne an und endlich konnten die gestern unterbrochenen geheimen Arbeiten fortgesetzt werden. Oma bügelte und die Nisser arbeiteten im Keller des Puppenhauses und draußen in Emilias Gärtchen. Gegen Nachmittag erwachte Jette in Anders Bett und rief ängstlich nach den anderen. Mads sauste nach oben und half ihr aus dem Bettchen. Er brachte sie nach unten vors Haus, wo sie mit Anders spielen könnte, während er Lisbeth und Emilia holte, die immer noch draußen arbeiteten. Er fand sie im Garten an einem großen schwarzen Topf. 

Darunter brannte eins von Omas Vanilleteelichtern und es duftete wunderbar nach warmen Wachs und Vanille. Lisbeths Kleid hatte Rußflecken bekommen und Emilia reckte und streckte sich, um das Ergebnis ihrer Mühen am Gartentor aufzuhängen.  Mads war stolz auf seine Frau. Sie hatte sogar hier in der Fremde nicht versäumt, die Kerzen für den Weihnachtsbaum selber herzustellen.

 Er half rasch dabei, sie abgekühlten Kerzen einzusammeln und trug sie gemeinsam mit den beiden Damen ins Haus. Dort erklärte Emilia sich bereit, sich um Klein-Jette zu kümmern und Lisbeth bat Mads, ihr den Korb mit den Kerzen in die Küche zu bringen. Sie musste ja noch ein wenig daran arbeiten, bis man sie benutzen konnte. Jede Einzelne kam auf ein Holzbrett, wurde kurz gerollt, damit sie glatter aussehen und dann schnitt Lisbeth mit einem großen, scharfen Messer das untere Ende gerade. 



Gerade, als sie fertig war damit, gab es vor dem Haus eine laute Diskussion. Ole hatte einen noch größeren Weihnachtsbaum im Wald geholt, die Kinder waren ihm heimlich gefolgt und hatten etwas niemals vorher Gesehenes angeschleppt. Überhaupt war wohl heute der Tag des Schleppens und der Überraschungen. Leo, Ole und Mads hatten das Ergebnis ihrer handwerklichen Geheimniskrämerei aus dem Keller bugsiert und vor einem Fenster des Kellers aufgestellt. Als Lisbeth unten ankam, staunte sie nicht schlecht. Da stand ein halbfertiger Verkaufsstand und neben dem riesigen Weihnachtsbaum saß ein Wesen, das irgendwie aussah wie ein leckerer Waldpilz.


 Aber das Wesen hatte lockige Wurzeln und ein Gesicht. Es diskutierte mit Ole darüber, warum er ausgerechnet seinen Hausbaum aus dem Wald entführen musste. „Na, wenn er mir doch so gut gefiel. Woher soll ich denn wissen, dass es dein Baum ist? Such dir doch einfach einen Neuen.“ „Geht doch nicht, ich muss da sein, wo der Baum ist. Ist bei uns Pilzen so.“ Ole machte große Augen. „Heißt das, du ziehst hier ein? Oh oh, wenn Oma das erfährt!“ Der Pilz sah ihn fragend an. „Ist es ein Problem, wenn ich hier bei meinem Baum auf der Veranda bleibe? Ich mache euch keine Arbeit und auch keinen Dreck.“ Oma kam aus dem Bad, wo sie bis dahin von all dem nichts mitbekommen hatte, weil das Bügeleisen zischte und dampfte. Sie sah den Volksauflauf vor der Kellertüre, blieb verdattert stehen und starrte den Pilz an. „Wer macht Dreck und warum steht ihr da alle rum?“ Ihre Frage ließ alle die Köpfe drehen. Niemand antwortete und so blieb es an Oma hängen, sich vorzustellen und den Neuankömmling anständig zu begrüßen. „Ich bin die Ole-Oma und würde gerne wissen, mit wem ich das Vergnügen habe. Ein solches Wesen wie dich habe ich noch nie gesehen.“ Der Pilz sah sie an und antwortete: „ Ich bin Svampe, der Pilz, der in diesem Baum gewohnt hat, den dein Nisser so mir nichts, dir nichts aus dem Wald geschleppt hat. Ich werde sterben ohne den Baum und er ohne mich auch. Drum habe ich die beiden Kinder gebeten, mich hinter meinem Baum her zu tragen und nun bin ich hier. Man hat mir gesagt, du würdest nicht begeistert sein, wenn ich nun hierbleiben will?“


 „So ein Unsinn! ein Wesen muss immer da leben, wo seine Wurzeln sind, und wenn deine in dem Baum stecken, dann musst du nun hier bleiben. Ole kann morgen aus dem Wald noch von der Erde herbeischaffen, in der du gesteckt hast, dann sollte es dir und dem Baum hier wirklich gut gehen.“ Erleichtert schmiegte der Pilz sich an seinen Baum und es schien, als ob der Baum sich ihm entgegenstrecke. Für Oma war das Thema erledigt und sie wollte endlich die Küchentücher wegräumen, die sie schon die ganze Zeit in der Hand hielt, da fiel ihr Blick auf das hölzerne Kunstwerk der Herren des Hauses. Es sah ein wenig aus wie ein unfertiger Marktstand und das sagte sie dann auch. Ole kam herbei erklärte ihr Stolz: Wir wollen einen Weihnachtsmarkt für die Eifeltrolle abhalten. Lisbeth muss noch mehr Kerzen machen! Ups!“ Er schlug sich auf den Mund und schaute betreten zu Lisbeth hinüber. “Ach, nun ist es auch egal”, meldete die sich zu Wort und Oma durfte sich ihre wundervollen Kerzen mit Vanilleduft anschauen. Oma schüttelte nur den Kopf und beschloss, sie müsse nachdenken. natürlich mit Kaffee. Sie ging also in die Küche, stellte die Kaffeemaschine an und setzte sich nachdenklich auf ihren Platz auf der Eckbank. „Einen Weihnachtsmarkt also, für Trolle, Nisser und Tomte….herrjeh, was das nun wieder für Ideen sind. Ich muss es gleich nachher dem Opa erzählen. Wo genau sie den abhalten wollen, haben sie mir noch gar nicht verraten. Na, wir werden sehen, irgendwann müssen sie ja raus mit der Sprache. Ganz ohne unsere Hilfe wird es wohl kaum gehen.

Dienstag, 8. Dezember 2015

8. Dezember


Das Scheunentor lag noch immer im Keller, als Oma heute Morgen aufgestanden war. Im Adventshaus herrschte noch absolute Stille. Diese herrliche Ruhe wollte Oma genießen. Sie holte sich die Zeitung aus dem Kasten und kochte sich einen duftenden Kaffee. Das klingeln ihres Handys ließ sie zusammenzucken. „Wer ruft mich dann schon morgens um kurz nach sieben an?“ murrte sie und griff nach dem nervigen Teil. Ein Blick auf das Display sagte ihr, dass ihre Enkel wohl etwas Dringendes auf dem Herzen haben würden, wenn sie schon vor dem Kindergarten ihre Nummer wählten. „Guten Morgen ihr Lieben“, rief sie fröhlich in den Hörer. „Was kann die Omi für euch tun?“ Die Stimme am anderen Leitung gehörte dem jüngsten Enkel: „Omi, Omi, ich muss dich was fragen! War der Nikolaus auch bei euch? hat er meinen Wunsch für Ole erfüllt?“ Wie weggeblasen war Omas gute Laune. „Oh ja, hat er. Leider! Dein Freund hatte schon einen Unfall damit!“ „Einen Unfall?“ rief Raphael entsetzt. „Oma, sag, geht es Ole gut?“ „Ja ja, dem geht es gut, nur meinem Puppenhaus leider nicht. Er hat das Scheunentor zerdeppert beim Einparken, dieser Lausejunge.“ „Dann ist ja alles gut, Omilein. Solange Ole unverletzt ist, ist es doch nicht schlimm. Das Puppenhaus reparieren wir beide, wenn ich zu Besuch komme.“ Oma lachte laut auf. Alle machten sich um den Nisser Sorgen, dass Puppenhaus war wohl ganz egal? „Nein, nein, das brauchen wir nicht, kleiner Schatz. Mads, Leo und Ole haben das selbst in die Hand genommen und  werden wohl heute mit der Reparatur fertig werden.“ Sie hörte, wie der Kleine Mann seine Mutter etwas fragte, leises Getuschel folgte und dann ertönte ein „Wir kommen heute Mittag nach dem Kindergarten vorbei und dann helfe ich den beiden. Ich hab ja auch Schuld daran, irgendwie.“ Ein schnelles: „ Ich freu mich auf dich“ war das letzte, was sie von ihrem Enkel hörte, dann hatte er auch schon aufgelegt. Nun musste sie ihren Tagesplan ein wenig umbauen und erledigte schnell den Abwasch, brachte einen Brief zur Post und kümmerte sich dann darum, dass die Enkel eine Kleinigkeit zu Mittag essen könnten, wenn sie nachher kamen. Die Ruhe im Puppenhaus kam ihr allmählich seltsam vor und sie schlich sich leise heran. 




In der Küche saßen Lisbeth und Emilia am Tisch und tuschelten, Ole schlief immer noch, Anders rutschte das Treppengeländer hinunter und Mads war schon bei der Arbeit am Scheunentor. Nur Leo war nicht zu finden, so sehr sie auch suchte. Sie räusperte sich und erschrocken zuckten Emilia und Lisbeth zusammen. Irgendwie sah es für Oma aus, als hätte sie die Beiden bei etwas Verbotenem ertappt. „Guten Morgen meine Herrschaften. Ich habe euch in der Küche vermisst. Wollt ihr heute kein Frühstück?“ Emilia hatte sich als Erste von dem Schreck erholt. „Nein Oma, heute haben wir hier gefrühstückt. Der Tag ist schon voll verplant und wir wollten gerade zu dir kommen, weil wir etwas fragen müssen.“ Ein fragender Blick von Oma und schon sprudelte es aus Lisbeth heraus: „ Wir müssen noch einmal Feuer machen! Aber nicht im Ofen. Es muss draußen vor dem Haus sein. Drinnen ist zu gefährlich. Und einen großen Topf brauchen wir auch noch und wenn du hast, ein paar Kerzenreste.“ „Ihr wollt mir aber sicher nicht verraten, was ihr damit vorhabt, oder? Ich hab euch tuscheln gesehen und ahne nichts Gutes.“ „Leider können wir nichts verraten, es ist eine Überraschung für dich. „Nun gut, ihr könnt von mir die benötigten Sachen bekommen, aber ich schlage vor, dass ihr euer Vorhaben draußen in Emilias Gartenhaus durchführt. Ich mag keine Brandlöcher in meiner Kommode und die würde es unweigerlich geben, wenn ihr euer Feuer vorm Puppenhaus entzündet.“ „Das ist es! Die Lösung! Oma, du bist die Beste. Hier drinnen wäre es sowieso zu warm für das Projekt.“ jubelte Emilia und kramte sofort nach ihrer Schere und einem Messer. Oma schüttelte den Kopf, verstand absolut nichts mehr und ging auf die Suche nach Kerzenresten und einem großen Topf für die Damen. Als sie endlich gefunden hatte, was sie für geeignet hielt, trug sie alles zum Puppenhaus und fragte nebenher nach, wo denn Leo sei. 

So erfuhr sie, dass der sich Oles Bus ausgeliehen hatte und damit in die Stadt gefahren sie. Niemand wusste, was genau er dort zu erledigen hatte. Da erklang von der Treppe her Oles Stimme: Doch, ich weiß es! Er muss Farbe kaufen für das Scheunentor und Bretter brauchen wir auch noch. Er ist zum Baumarkt gefahren.“Aus dem Keller rief Mads: „Ja, und langsam wird es Zeit, das er zurück kommt. So werden wir ja nie fertig.“ In Omas Küche zischte es und mit einem: „Mist, die Kartoffel kochen über!“ verschwand sie um die Ecke. Lisbeth inspizierte den großen Topf, den Oma mit den Kerzenstummeln vor der Scheune abgelegt hatte und nickte zufrieden. Gemeinsam mit Emilia begann sie damit, dass Wachs in kleine Stücke zu schneiden und in den großen Topf zu werfen. Dann füllten sie noch zwei Körbe mit Wachsstückchen und riefen in die Küche hinein: „ Wir wären dann soweit!“ Könntest du uns bitte mit den ganzen Utensilien in den Garten bringen, sonst dauert das zu lange?“Natürlich konnte Oma und so ging es für die Beiden in ihrer großen Schürzentasche nach draußen in die Kälte. Dort half sie den Damen noch, ein Feuer zu entzünden, bevor sie wieder in ihre warme Küche zurückkehrte. Dort saß Ole auf seinem Platz und hatte sich einen Keks aus Opas Nikolaustüte genommen. Er bat um eine Tasse Kaffee, tat, als ob er ihren tadelnden Blick nicht gesehen habe und futterte munter weiter. Von schlechtem Gewissen keine Spur. Oma seufzte und reichte ihm den Kaffee. Draußen vor dem Haus hupte es. Das musste Leo sein! Sie eilte zur Türe, öffnete und staunte nicht schlecht. Der Bus war vollgepackt mit Brettern und auf dem Beifahrersitz stand ein riesiger Eimer Farbe. „Frag nicht Oma. Es war im Angebot, da musste ich zuschlagen“, grinste Leo von einem Ohr zum anderen. Es blieb ihr nichts anderes übrig, als den Bus samt Inhalt ins Haus zu tragen. Heute wollte wohl keiner seine Geheimnisse mit ihr teilen. „Bretter“, murmelte sie, „so viele Bretter. Was sie nur vorhaben damit?“ Sie zuckte mit den Schultern und wendete sich wieder ihrer Hausarbeit zu. Leo,  Mads und Ole, der endlich auch mit dem Frühstück fertig war, schleppten die Bretter alle in den Keller und gleich darauf hörte man sie wieder hämmern und sägen.  Als es endlich Mittag war und ihre Enkel ankamen, wurde es plötzlich still im Puppenhaus. Sie machen wohl auch Mittagspause, dachte Oma und rief hinüber: „Möchtet ihr auch essen?  Es ist genug für alle da.“ „Nein Danke““ rief Ole, „ Wir haben Reste von gestern, die müssen zuerst weg.“ Der kleine Raphael hatte Oles Stimme sofort erkannt und sauste in den Flur. „Ole, mein Freund, bist du auch wirklich nicht verletzt? Ich habe gehört, du hattest einen Unfall?“ Ole steckte den Kopf aus der Kellertüre, um dem Freund zu zeigen, dass alles in Ordnung ist.

„Tut mir leid, ich kann heute nicht mit dir spielen. Wir müssen das Scheunentor reparieren.“ Oma rief nach ihrem Enkel: „Ich glaube, die Nisser haben Weihnachts-geheimnisse  und wollen heute nicht mehr gestört werden. Komm, wir gehen mal nach draußen und fragen nach, ob die beiden Damen Hilfe brauchen bei ihrer Arbeit im Garten.“ Sie nahm ihn bei der Hand und ging mit ihm in den Hof. Dort schallte ihnen sofort ein: „Bitte nicht näher kommen“ entgegen :  „ Siehst du, auch hier Geheimnisse. Heute werden wir wohl nichts mehr von den Nissern zu sehen bekommen.“ Ein wenig traurig zog ihr Enkel sie wieder ins Haus und fragte: „Oma, magst du uns etwas vorlesen vom Christkind? Ich möchte heute kuscheln mit dir und Kekse naschen.“  Das ließ Oma sich nicht zweimal fragen. Sie kochte Kakao, legte Kekse auf einen Teller und suchte dann mit den Kindern ein Buch aus, aus dem sie ihnen vorlesen wollte. Ihre Tochter fuhr in die Stadt, um Weihnachtseinkäufe zu erledigen und die Drei machten es sich im Kerzenschein auf dem Sofa gemütlich. Oma las vor und auch die vielen Fragen ihrer Enkel nahmen ihr nicht die Freude daran. So fand Opa sie alle im Wohnzimmer vor, als er von der Arbeit kam und auch er setzte sich mit einer Tasse Kaffee dazu und freute sich an dieser gemütlichen Stimmung. Erst sehr viel später, als die Enkel wieder nach hause gefahren waren, ließ er sich von Oma berichten, wie die Nisser ihr von dem Malheur berichtet hatten und was sie nun machten. Es klopfte am Flurfenster und ganz durchgefroren ,  aber zufrieden dreinblickend, standen Emilia und Lisbeth auf dem Fensterbrett. Oma ließ sie ins Haus und verkniff es sich, sie nach dem Ergebnis ihrer Arbeit zu fragen. Sie kamen mit leeren Händen und hatten anscheinend alles verschwinden lassen, was sie da heute hergestellt hatten. Nun gut, Neugierde war noch nie Omas Fehler gewesen. Sie konnte warten. Die Damen verschwanden zähneklappernd in der Küche, kochten sich einen Tee und kümmerten sich um ein Abendbrot für die ganze Sippe.                                                                        

Montag, 7. Dezember 2015

7. Dezember


Oma und Opa waren gestern Abend  erst spät vom Weihnachtsmarkt zurück gekommen und hatten mit einem Blick ins Puppenhaus gesehen, dass dort schon Ruhe eingekehrt war. „Nun gut, dann bekommen sie ihr Geschenk von uns eben erst Morgen. Macht ja nix.“ Oma war sogar echt froh, dass sie nun endlich ohne Trubel den Abend genießen konnte und mit einer feinen Tasse Tee machten sie und Opa es sich auf dem Sofa gemütlich. Oma holte noch ein paar Kekse aus der Küche und schielte im Vorbeigehen auf das Puppenhaus. „Was ist denn das da vor dem Haus?“ entfuhr es ihr und eilig holte sie Opa herbei. 

Staunend standen sie da und bewunderten Oles Rasenmähertraktor. „Mir schwant da was“, meinte Opa und erzählte Oma, dass Raphael hatte helfen müssen, einen Wunschzettel an den Nikolaus zu schreiben.  „Ach daher weht der Wind!“ Oma lachte und begann damit, sich vorzustellen, wie es im Sommer wohl zugehen würde. Sie saß auf dem Sofa neben Opa und musste immer wieder laut lachen bei all den Bildern in ihrem Kopf. Opa grinste. Er wusste nur zu gut, was sie zum Lachen brachte und nach einer Weile begannen die beiden, sich gegenseitig ausmalen, was Ole mit dem Ding anstellen würde, wenn erst einmal das Gras wieder hoch genug sei. Lachen und die viele frische Luft auf dem Weihnachtsmarkt machen müde und so gingen die Beiden recht früh zu Bett. Opa musste ja, wie immer, früh aus dem Haus. Viel zu schnell war die Nacht vorbei, Opa kochte sich gerade seinen Kaffee, da hörte er im Flur Motorengeräusche. Gleich danach gab es einen fürchterlichen Rumms und sofort folgte ein: „Mist, Mist, Mist.“ Wie der Wind eilte Opa in den Flur, wo er auch gleich die Bescherung sah. Ole hatte die Scheunentüre gerammt. 

Wie sollte es auch anders sein, natürlich mit dem Rasenmäher. Aus den Angeln gerissen, einfach so. „Oweh, oweh, mein schöner Trecker!“ jammerte Ole unentwegt und untersuchte sein Gefährt auf eventuelle Kratzer. „Ole Nisser! Was um Himmels Willen hast du gemacht? Du hast das schöne Puppenhaus demoliert. Da wird die Oma aber fürchterlich traurig sein.“ schimpfte Opa und Ole schaute ihn verdattert an. Über das Scheunentor hatte er noch gar nicht nachgedacht. Der Trecker war wichtiger für ihn. Schuldbewusst sah er Opa an und senkte den Kopf. „Was machen wir denn nun, Opa?“ „Wir? Frag lieber, was du machst. Ich fahre jetzt zur Arbeit, mein Lieber und ich möchte auch nicht dabei sein, wenn  meine Frau die Bescherung sieht.“ „Kannst du die nicht schnell reparieren?“ Ole sah ihn bittend an. „Tut mir leid, keine Zeit, ich muss los!“ Opa  konnte sich das Lachen kaum verkneifen, griff nach seiner Tasche und begann damit, seine Frühstücksdose und die Thermoskannen zu verstauen. Er nahm seine Jacke vom Haken, trank den letzten Schluck Kaffee und verschwand durch die Türe. Ratlos stand Ole vor der Scheune. Er musste nachdenken. Das ging am besten im Sitzen und so setzte er sich auf seinen Trecker und grübelte. Die kaputte Türe musste erst mal verschwinden, soviel war klar. Und dann musste das Loch in der Scheunenwand verschwinden. „Na klar! So geht es! Das ich da nicht gleich drauf gekommen bin.“ Er sauste die Treppe hinauf, klopfte bei Leo und wartete ungeduldig, dass endlich die Türe aufging. Leo streckte seinen  verwuschelten Kopf aus dem Türspalt. „Was ist los? Brennt es schon wieder?“ „Viel schlimmer! Bitte, du musst mir unbedingt helfen, bevor Oma aufsteht.“ Oles Tonfall ließ ihn nichts Gutes ahnen und seufzend trat er ganz aus der Tür heraus. „Dauert das lange? Dann sag ich Emilia bescheid.“ Entsetzt rief Ole viel zu laut: „Bloß nicht, ich hab schon Ärger genug.“ Leo zog die Brauen hoch und nickte. Er verstand zwar rein gar nichts, aber je schneller er seinem Freund geholfen hatte, desto früher war er wieder in seinem warmen Bett. Als die beiden unten im Flur beim Puppenhaus angelangten, stand Mads schon vor dem Haus. Der Krach hatte ihn aufgeweckt. Ole rief: „ Oh, Mads, dich können wir gut gebrauchen. Wir müssen ein kaputtes Scheunentor verschwinden lassen und die Weihnachtsbäume vom Balkon herunter holen und vor das hässliche Loch stellen, damit Oma nix merkt.“ Mads sah ihn nur an und verschwand anschließend wieder einmal in seiner großen Kiste im Keller. Kurze Zeit später kam er mit Werkzeug in der Hand zurück. „Ich schau mal, ob ich es richten kann. Wir Tomte sind ja geschickte Handwerker und helfen auch dem Julemand bei der Herstellung der Weihnachtsgeschenke.“ Er besah sich den Schaden genauer und schüttelte den Kopf. „Auf die Schnelle ist da nix zu machen. Wir müssen das Tor in den Keller tragen, damit ich es reparieren kann. Da müssen Teile erneuert werden, die zerbrochen sind. Das wird ein wenig länger dauern.“ Mit vereinten Kräften schafften sie es wirklich, das schwere Tor in den Keller zu schleppen. 


Dann trugen sie unter Ächzen und stöhnen alle Weihnachtsbäume vor die Scheune und hofften darauf, dass Oma nichts bemerken würde. 

Rasch kroch jeder wieder in sein warmes Bett um den Rest der Nacht noch ein wenig zu schlafen. Einzig Ole wälzte sich in seinem Bett herum. Das schlechte Gewissen hielt ihn wach. Als Oma aufstand, hörte er sie sofort und kroch tiefer unter seine Decke. Doch nichts passierte. Sie ging wie immer in die Küche. Er hörte die Kaffeemaschine rattern und spucken. Leise schlich er sich in die Küche, kletterte auf den Tisch und nahm still seinen Platz am Puppentisch ein und wartete darauf, dass sie sich mit ihrem Kaffee zu ihm setzen würde. Oma drehte sich um, kam zum Tisch und schaute erstaunt auf den frühen Gast. „Schon wach? Das ist aber eine seltene Freude, dich so früh hier zu sehen.“ „Bin schon gaaaanz lange wach“, antwortete Ole und sah dabei so todunglücklich aus, dass Oma sofort wusste. irgendwas ist passiert. Sie kannten den kleinen Racker viel zu gut, um nicht zu sehen, dass er große Sorgen hatte. Fragend schaute sie ihn an. „ Was ist los? Mit dir stimmt doch etwas nicht. So kenne ich dich ja gar nicht. Hast du was ausgefressen und brauchst Hilfe?“ Bevor Ole sich überlegen konnte, was er antworten solle, ertönten aus dem Puppenhaus Hammerschläge und eine Säge machte ritsch ratsch, ritsch ratsch. Oma zog erstaunt die Brauen in die Höhe: „Was geht hier vor? Du sitzt wie ein Häufchen Elend in meiner Küche und sagst kein Wort und da drüben wird ein Lärm gemacht, der könnte selbst Tote erwecken.“ Ole schwieg eisern. Da wurde es Oma zu bunt und sie ging, um selbst nachzuschauen, zu Puppenhaus. Sie versuchte vergeblich, durch das Fenster etwas zu erkennen

 und öffnete dann entschlossen die Türe zum Keller. 

Dort standen Leo und Mads und werkelten an etwas rotem herum. Ohne Brille konnte sie es im Halbdunkel des Kellers nicht erkennen und musste nachfragen, woran die Beiden da arbeiteten. Lügen können Nisser und Tomte nicht und so erfuhr Oma doch vom zerstörten Scheunentor.  Traurig besah sie sich den Schaden.

 Diesen Ole konnte man aber auch wirklich nicht alleine lassen. Mads beeilte sich, ihr zu versichern, dass er den Schaden beheben könne und hoffte, damit das Donnerwetter von Ole abzuwenden. Wortlos nickte Oma und ging zurück in die Küche. Dort saß Ole wie ein Häufchen Elend am Tisch und wartete darauf, dass Oma ihn ordentlich zur Schnecke machen würde. Doch nichts geschah. Absolut nichts. Er hob den Kopf und sah eine Träne über ihre Wange laufen. Das nun war zu viel für ihn. Er lief über den Tisch und kletterte in Windeseile an ihrem Arme herauf bis zu ihrem Gesicht.  Vorsichtig wischte er die Träne weg und sagte: „Oma, ich wollte dass doch nicht, es war ein Unfall. Und wenn ich gewusst hätte, wie traurig das dich macht, dann hätte ich erst gar nicht versucht, in die Scheune zu fahren. Es tut mir so schrecklich leid, nicht mehr weinen, bitte.“ Oma schniefte und nahm in die Hand. „Ole, du bist ein Nisser und immer ungestüm. Ich hätte das wissen müssen und besser gestern Abend den Trecker gleich weggeräumt. Trotzdem bin ich traurig. Es ist so schwer, ein solches Haus zu finden und du weißt selber, dass es nicht einfach war, es aus dem Urlaub für dich mit nach Hause zu nehmen.“ Er nickte schuldbewusst. Doch gleich danach hatte er eine Idee und strahlte wieder. Oma, du hattest doch das Haus von außen renovieren wollen. Können wir dir dabei nicht ein wenig helfen? So als Wiedergutmachung sozusagen?“ Sie sah in ungläubig an: „Ihr wollt das Haus renovieren? Darüber möchte ich lieber mit euch allen zusammen reden  bei Gelegenheit. Sowas will gut überlegt sein.“ Ole war froh, dass er sie ein wenig hatte ablenken können und verschwand aus der Küche, um im Keller mit den beiden anderen am Scheunentor zu arbeiten und dabei gleich seine neue Idee zu präsentieren. Oma las ihre Zeitung und begann dann mit ihrem Tagwerk und auch im Puppenhaus wurde gewerkelt, teils hinter verschlossenen Türen, teils aber auch gut sichtbar und zu erschnuppern für Leckermäuler. Lisbeth zeigte Emilia, wie man spezielle Julekager macht und Anders flitzte mal hierhin mal dorthin und war überall im Weg. Als Opa abends nach Hause kam, war zwar das Scheunentor noch nicht ganz repariert, aber es hatte große Fortschritte gemacht und er freute sich, dass Oles Unfall noch so glimpflich abgegangen war.

Sonntag, 6. Dezember 2015

6. Dezember Nikolaustag



Emilias Hühnersuppe hatte gestern allen sehr gut geschmeckt und anschließend saßen sie noch lange gemütlich beisammen.  Es wurde über dieses und jenes geredet und dabei auch endlich an Lisbeths leckeren Kaneelschnecken probiert. Sie hatte großzügig für jeden eine herausgerückt mit den Worten: „ Genießt es, bis Weihnachten gibt es nix mehr davon. Höchstens noch zur Feier des Tages, wenn der Nikolaus kommt. Oder muss man dem nichts anbieten?“ „Nöö“, rief Ole, der verschenkt ja selber Kekse. Aber singen muss man für den. sowas wie lustig,lustig trallerallala.“ Das gefiel den Gästen nur allzugut, dazu könnte man sicher prima hüpfen und tanzen wie es bei ihnen zu Hause zur Weihnacht üblich ist. Ole sah sie skeptisch an und war sich gar nicht sicher, ob der Nikolaus tanzende Nisser und Tomte mochte.  Da fiel ihm plötzlich ein, dass die Wunschzettel noch in seiner Küche lagen und er nun wahrscheinlich ein dickes Problem haben würde. Oma schlief schon lange und alleine käme er nie im Leben an den Zuckertopf heran, damit er den obligatorischen Zuckerwürfel aufs Fensterbrett legen könnte. Hilfesuchend schaute er in die Runde und Leo seufzte: „ Ja ja, schon gut. Ich helf dir. Notfalls machen wir Räuberleiter zu sechst. Wir haben ja auch noch Leitern im Haus. Das kriegen wir schon hin. Damit nahm die Gemütlichkeit ein jähes Ende und ein schönes Stück Arbeit lag vor ihnen. Als Erstes holte Ole beide Leitern aus seinem Haus und schleppte sie nacheinander in Omas Küche. Leo hatte sich kurz einen Überblick verschafft und entschied dann, dass man einfach alle Schubladen an Omas Einbauküche öffnen müsse. Unten ganz viel und jede weitere ein kleines Stückchen weniger und dann mit der Leiter von einer zur andern steigen, das sollte gehen. Gefährlich sah die ganze Sache aus und Emilia und Lisbeth schauten ängstlich zu, wie Leo sich nach oben kämpfte.

 Als auch Ole die Kletterpartie hinter sich gebracht hatte, zogen sie die Leiter nach oben und trugen sie zur Kaffeemaschine. Genau daneben stand eine kleine Topfblume und dort hinein wurde die Leiter bugsiert.


 Ab da wars für einen Nisser ein Kinderspiel bis zum Topf mit den begehrten Zuckerklümpchen zu gelangen. Gemeinsam schoben sie den schweren Deckel beiseite und fischten 2 dicke Klumpen Zucker aus dem Topf. 


Ole warf sie auf Omas Arbeitsplatte, flitzte die Leiter herunter und wollte gerade den Zucker nach unten auf den Küchenboden werfen, als Emilia schrie: „Nein Ole, nicht werfen! Der zerplatzt in tausend Stücke und dann kriegen wir Ärger mit Oma, wenn es morgen früh in der Küche knirscht beim Gehen.“ Ole sah ein, dass sie Recht hatte und schaute sich suchend um. Er fand ein Päckchen Papiertaschentücher und flink zog er eines hervor. Ausbreiten, den Zucker darauf ablegen und zu einem Bündel knoten waren eine seiner leichtesten Übungen. Er schulterte das Bündel und gemeinsam mit Leo kletterte er den gleichen Weg über die Schubladen wieder nach unten. Feierlich überreichte er Anders einen der beiden Zuckerklumpen und gemeinsam brachten sie Wunschzettel und Zucker aufs Fensterbrett. Nun hieß es hoffen, das die Englein noch unterwegs seien. Sonst wäre alles vergeblich gewesen. Rechtschaffen müde gingen alle zu Bett und jeder träumte etwas anderes vom heiligen Nikolaus. Anders hatte von zerplatzten Zuckerklümpchen geträumt und war früh wieder erwacht. Er schlich sich zum Fensterbrett und mit lautem Jubel sauste er zu Ole: „ Sie waren da, sie waren da.“ Verschlafen rieb Ole sich die Augen und fragte: „ Wer war wo? Wie spät ist es und warum weckst du mich?“ „Die Englein, sie waren da! Der Zucker und die Zettel sind weg! Spät ist es nicht, es ist früh! Noch dunkel draußen und wecken musste ich dich doch, damit du bescheid weißt.“ Nun hielt es auch Ole nicht mehr im Bett. Wenn das wirklich noch geklappt hatte, dann würde wohl tatsächlich heute der Nikolaus ins Haus kommen. Oma hatte zwar gesagt, sie werde heute mit den Enkeln zum Weihnachtsmarkt fahren und dort käme auch der Nikolaus, drum müsse sie nicht, wie im letzten Jahr, für seinen Besuch das ganze Haus auf den Kopf stellen. Manchmal schicke er ja auch vertretungsweise in der Nacht die Englein mit Geschenken vorbei, wenn er zu viel zu tun habe. Ole schreckte aus seinen Gedanken auf und war mit einem Satz  aus dem Zimmer und die Treppe hinunter. Könnte ja sein, dass da Geschenke liegen. „Pustekuchen, nix da.  Anders, ich fürchte, wir kriegen heute Besuch.“ Bei dem Gedanken daran wurde im mulmig und er beschloss, dass er nun dringend den Rest der Sippe wecken und Kriegsrat halten müsse. Als alle beisammen waren, verkündete Ole ihnen, dass sie ein gewaltiges Problem hätten. „Meine Lieben, es sieht so aus, als ob der Nikolaus doch ins Haus kommt heute, auch wenn Oma nicht da ist. Ich befürchte, wir müssen mein Haus für ihn herrichten.“ Alle redeten durcheinander und ein heilloses Gerenne und Getrappel durchs ganze Haus begann. Leo schleppte Tannenzweige an, Emilia kramte die Nikolausteller hervor, die sie kürzlich erstanden hatte auf dem Weihnachtsmarkt für Trolle, irgendwo tief in der Eifel und Lisbeth verschwand mit Mads in der riesengroßen Holzkiste, die Opa in den Keller von Oles Haus bugsiert hatte. 

Innerhalb einer Stunde hatten sie das ganze Haus dekoriert mit allem, was ihnen in die Hände fiel. Oma und Opa hatten von all dem nichts mitbekommen. Sie schliefen tief und fest. es war schließlich Sonntag und Opa hatte endlich einmal frei und konnte ausschlafen. Als Oma aus dem Schlafzimmer trat, wunderte sie sich über die Geräusche aus dem Puppenhaus im Flur. Es klang irgendwie hektisch und aufgeregt. Als sie unten ankam, traute sie ihren Augen nicht. Das Haus war hell erleuchtet und alle Nisser und Tomte waren so beschäftigt, dass sie nicht bemerkten, wie sie da vor dem Haus stand und belustigt dem Treiben zuschaute. Nach einer Weile sagte Oma einfach: „Guten Morgen die Herrschaften, gut geschlafen?“ Mads rote Zipfelmütze schob sich aus der Kiste hervor. „Guten Morgen Oma, ja, gut geschlafen, nur zu wenig. Dein Nisser hat uns vor Tau und Tag schon aus den Federn gescheucht.“ „Weils dringend nötig war!“ Das war Ole, der da von oben auf dem Treppenabsatz herunterrief. Oma schüttelte den Kopf, begriff überhaupt nichts mehr und beschloss, dass sie einen Kaffee brauche. Mit der Kaffeetasse in der Hand erschien sie wieder im Flur und versuchte, einen Überblick zu bekommen. „Gehe ich Recht in der Annahme, dass ihr Besuch erwartet, lieber Ole? Oder warum sonst stellt ihr das ganze Haus auf den Kopf und schmückt alles so toll?“ Ole antwortete nicht. er war zu beschäftigt mit der verflixten Tannengirlande. Sie wollte und wollte nicht leuchten. Anders, der gerade mit einem kleinen, schwedischen Dalarnapferdchen aus dem Keller kam, machte sich auf den Weg zum Balkon, um Oma den Sachverhalt darzulegen. „Der Ole sagt, wenn morgens keine Geschenke vom Nikolaus im Zimmer liegen, dann kommt der immer persönlich vorbei, um sie abzuliefern und nun fürchtet er, dass  uns das heute Abend ins Haus steht. Ich bin ja so gespannt darauf, ob das wirklich wahr ist, was er da so alles erzählt hat gestern.“ Oma lächelte wissend und meinte nur: „ Ihr werdet sehen. Wir jedenfalls fahren gleich nach dem Frühstück zum Weihnachtsmarkt und treffen dort den Nikolaus. Euch können wir leider nicht mitnehmen Man ist dort nicht an die kleinen Leute gewöhnt.“ Opa hatte gerade noch den letzten Satz gehört, als auch er die Treppe herunter kam. „Ein Tag ganz ohne Hausleute ist doch auch mal schön, oder Ole?“ Das nun hatte Ole gehört und kam auch zum Balkongeländer. „Opa, das darfst du so nicht sagen. Gestern Abend zum Beispiel hätten wir dich gut gebrauchen können. Da haben wir dich richtig vermisst.“ Er erzählte von der Kletterpartie in der Küche und Opa konnte sich bildlich vorstellen, wie Ole Klimmzüge am Zuckertopf machte. Dann zuckte er mit den Schultern, sagte „tja“,  und ging zu Oma in die Küche. Auch er nahm sich einen Kaffee, schmierte sich ein Marmeladenbrot dazu und schaute dabei auf die Uhr. „Wir sind spät dran, Liebes. Bist du soweit?“ Sie nickte, zog Schuhe und Jacke an und schon war sie mit Opa durch die Haustüre verschwunden. Lisbeth hatte begonnen, wie es in ihrer Heimat Tradition ist, den Fußboden im Esszimmer mit einer Bürste zu schrubben und Emilia räumte in der Küche den Geschirrspüler aus. 

Mads, Leo und Ole kämpften weiter mit der Girlande im Treppenhaus, schleppten Weihnachtsbäume von irgendwoher an und schafften sie auf den Balkon.

Damit es schnell ging, hatte Emilia ausnahmsweise eine Dosensuppe auf dem Herd erwärmt und rief nun alle zum Essen. Als alle satt waren schlug Ole vor, sich die Zeit damit zu vertreiben, ein wenig in dem Adventskalenderbuch zu lesen. Abwechselnd sollten sie vorlesen, es waren ja genau 6 Geschichten für 6 Nisser lesbar ab heute. Der Nachmittag verging viel zu langsam und die Ungeduld stieg mit jeder Geschichte ein wenig an. Als sie bei den leeren Blättern angekommen waren, schlug Lisbeth vor, es dem Nikolaus doch ein wenig hyggelig zu machen, wie die Dänen und Norweger sagen. Sie sah ihren Mann an und als der nickte, ging sie noch einmal in den Keller, um etwas aus der geheimnisvollen Kiste zu holen. Ein Hilferuf von ihr ließ Mads nach unten eilen und ihr dabei behilflich sein, eine funkelnde und glitzernde Kostbarkeit daraus hervor zu holen. Gemeinsam trugen sie ihr Mitbringsel nach oben und suchten einen besonderen Platz dafür. Leo und Emilia staunten nicht schlecht. Eine Krippe kannten sie ja schon, aber was war das? Da tanzten Wichtel und Schneemänner um einen Weihnachtsbaum einen Ringelreigen. So etwas Wunderbares hatten sie noch nie gesehen. „Ja, so feiern wir den Julaften zu Hause. Das macht Spaß.“ Draußen war es mittlerweile dunkel geworden und eine richtig feierliche Stimmung überkam alle Anwesenden. Es wurde still im Zimmer und in diese Stille hinein hörte man leises Schellengebimmel. „Das muss er sein!“ rief Ole und verkroch sich in seinen Sessel. Emilia lächelte und meinte: „Ich schau nach und wenn er es ist, dann bitte ich ihn herein.“ Und richtig, nach ein paar Minuten kam sie in Begleitung des Nikolaus ins Wohnimmer. 
Er begrüßte alle und bat um ein kleines Lied zu seinen Ehren. Leider scheiterte das am fehlenden Gesangstalent bei Ole und Leo und der Unkenntnis der deutschen Nikolausliedern bei den Tomten. Nur Emilia sang tapfer:“ Last und frohoh uhund munter sein…..“  „Ich sehe, wenigstens eine hier ist textsicher“, lächelte der Nikolaus und rief nun der Reihe nach jeden zu sich, befragte ihn über seine Verfehlungen des letzten Jahres und überreichte zum Schluss die Geschenke. 

Als letztes waren Anders und Ole an der Reihe. Anders erhielt vom Nikolaus ein schönes Buch über die Mäuseweihnacht und dann noch ein geheimnisvolles Päckchen, welches er mit fliegenden Fingern auspackte. Mit einem Jubelschrei zog er einen Teddybären aus dem Paket und rief: „Da ist er ja! Mein Brummbär! Ich hätte nie geglaubt, das ich ihn wiedersehen werde, seit ich ihn in Padborg auf dem Autohof verloren habe.“

 Lächelnd nickte der Nikolaus und stand auf, um sich zu verabschieden. Ole stand wie ein Häufchen Elend vor ihm. „Ich war wohl nicht brav genug? Oder ist mein Wunschzettel verloren gegangen?“ Sankt Nikolaus lachte und schüttelte den Kopf. Da ertönten vor dem Haus Motorengeräusche. „Lieber Ole, ich bin ein sehr alter Mann und wenn ich zwei Wunschzettel bekomme, wo sich zwei verschiedene Leute das gleiche wünschen und einer davon wünscht es für den anderen, dann werde ich das wohl kaum ignorieren können, aber: Dein Geschenk ist selbst für mich zu schwer, um es zu tragen. Es wurde gerade von meinem Gehilfen, dem Weihnachtswichtel, bis vors Haus geliefert. Schau selbst!“ Alle Höflichkeiten vergessend sauste Ole vors Haus und jubelte: „Da ist er, da ist er!“ Vor dem Haus stand ein niegelnagelneuer Rasenmähertraktor. Leuchtend Orange und glänzend, wie er ihn sich gewünscht hatte. 

Auch alle Anderen waren inzwischen vorm Haus angekommen und staunten nicht schlecht. Der Nikolaus und sein Weihnachtswichtel wollten sich gerade verabschieden, als Ole ihn noch schnell etwas fragen musste: „Sag mal, lieber Nikolaus, wer war denn der zweite, der sich für mich den Trecker gewünscht hat?“ Fragend schaute der Heilige seinen Gehilfen an und dieser grübelte eine kleine Weile, bevor er sagte: „ Das war der kleine Raphael, Omas Enkel. Er hat ganz eindringlich darum gebeten, seinem besten Freund Ole doch diesen Wunsch zu erfüllen, da konnten wir gar nicht anders.“  Ole selber fehlten die Worte, aber alle anderen verabschiedeten sich herzlich von den Beiden und als sie gegangen waren, durfte jeder, der gerne wollte, mit Ole eine Runde auf dem Trecker drehen. Leo verzichtete und wollte lieber seine neue Pfeife vom Nikolaus ausprobieren. Lisbeth und Mads gingen wieder ins Wohnzimmer und bestaunten die wunderbare Winterkleidung, sie sie bekommen hatten und Emilia begann in ihrem Buch vom Nikolaus zu lesen. Sie hatte nämlich das gleiche Buch bekommen, wie Ole es besaß. Und so hörte man Ole und Anders noch eine ganze Zeit lang vor dem Haus herumkurven, bis es Lisbeth zu dumm wurde und sie etwas von Ruhestörung und Rasen mähen verboten am Sonntagabend murmelte, bevor sie zum Balkongeländer trat und dem munteren Treiben ein Ende setze.