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Dienstag, 8. Dezember 2015

8. Dezember


Das Scheunentor lag noch immer im Keller, als Oma heute Morgen aufgestanden war. Im Adventshaus herrschte noch absolute Stille. Diese herrliche Ruhe wollte Oma genießen. Sie holte sich die Zeitung aus dem Kasten und kochte sich einen duftenden Kaffee. Das klingeln ihres Handys ließ sie zusammenzucken. „Wer ruft mich dann schon morgens um kurz nach sieben an?“ murrte sie und griff nach dem nervigen Teil. Ein Blick auf das Display sagte ihr, dass ihre Enkel wohl etwas Dringendes auf dem Herzen haben würden, wenn sie schon vor dem Kindergarten ihre Nummer wählten. „Guten Morgen ihr Lieben“, rief sie fröhlich in den Hörer. „Was kann die Omi für euch tun?“ Die Stimme am anderen Leitung gehörte dem jüngsten Enkel: „Omi, Omi, ich muss dich was fragen! War der Nikolaus auch bei euch? hat er meinen Wunsch für Ole erfüllt?“ Wie weggeblasen war Omas gute Laune. „Oh ja, hat er. Leider! Dein Freund hatte schon einen Unfall damit!“ „Einen Unfall?“ rief Raphael entsetzt. „Oma, sag, geht es Ole gut?“ „Ja ja, dem geht es gut, nur meinem Puppenhaus leider nicht. Er hat das Scheunentor zerdeppert beim Einparken, dieser Lausejunge.“ „Dann ist ja alles gut, Omilein. Solange Ole unverletzt ist, ist es doch nicht schlimm. Das Puppenhaus reparieren wir beide, wenn ich zu Besuch komme.“ Oma lachte laut auf. Alle machten sich um den Nisser Sorgen, dass Puppenhaus war wohl ganz egal? „Nein, nein, das brauchen wir nicht, kleiner Schatz. Mads, Leo und Ole haben das selbst in die Hand genommen und  werden wohl heute mit der Reparatur fertig werden.“ Sie hörte, wie der Kleine Mann seine Mutter etwas fragte, leises Getuschel folgte und dann ertönte ein „Wir kommen heute Mittag nach dem Kindergarten vorbei und dann helfe ich den beiden. Ich hab ja auch Schuld daran, irgendwie.“ Ein schnelles: „ Ich freu mich auf dich“ war das letzte, was sie von ihrem Enkel hörte, dann hatte er auch schon aufgelegt. Nun musste sie ihren Tagesplan ein wenig umbauen und erledigte schnell den Abwasch, brachte einen Brief zur Post und kümmerte sich dann darum, dass die Enkel eine Kleinigkeit zu Mittag essen könnten, wenn sie nachher kamen. Die Ruhe im Puppenhaus kam ihr allmählich seltsam vor und sie schlich sich leise heran. 




In der Küche saßen Lisbeth und Emilia am Tisch und tuschelten, Ole schlief immer noch, Anders rutschte das Treppengeländer hinunter und Mads war schon bei der Arbeit am Scheunentor. Nur Leo war nicht zu finden, so sehr sie auch suchte. Sie räusperte sich und erschrocken zuckten Emilia und Lisbeth zusammen. Irgendwie sah es für Oma aus, als hätte sie die Beiden bei etwas Verbotenem ertappt. „Guten Morgen meine Herrschaften. Ich habe euch in der Küche vermisst. Wollt ihr heute kein Frühstück?“ Emilia hatte sich als Erste von dem Schreck erholt. „Nein Oma, heute haben wir hier gefrühstückt. Der Tag ist schon voll verplant und wir wollten gerade zu dir kommen, weil wir etwas fragen müssen.“ Ein fragender Blick von Oma und schon sprudelte es aus Lisbeth heraus: „ Wir müssen noch einmal Feuer machen! Aber nicht im Ofen. Es muss draußen vor dem Haus sein. Drinnen ist zu gefährlich. Und einen großen Topf brauchen wir auch noch und wenn du hast, ein paar Kerzenreste.“ „Ihr wollt mir aber sicher nicht verraten, was ihr damit vorhabt, oder? Ich hab euch tuscheln gesehen und ahne nichts Gutes.“ „Leider können wir nichts verraten, es ist eine Überraschung für dich. „Nun gut, ihr könnt von mir die benötigten Sachen bekommen, aber ich schlage vor, dass ihr euer Vorhaben draußen in Emilias Gartenhaus durchführt. Ich mag keine Brandlöcher in meiner Kommode und die würde es unweigerlich geben, wenn ihr euer Feuer vorm Puppenhaus entzündet.“ „Das ist es! Die Lösung! Oma, du bist die Beste. Hier drinnen wäre es sowieso zu warm für das Projekt.“ jubelte Emilia und kramte sofort nach ihrer Schere und einem Messer. Oma schüttelte den Kopf, verstand absolut nichts mehr und ging auf die Suche nach Kerzenresten und einem großen Topf für die Damen. Als sie endlich gefunden hatte, was sie für geeignet hielt, trug sie alles zum Puppenhaus und fragte nebenher nach, wo denn Leo sei. 

So erfuhr sie, dass der sich Oles Bus ausgeliehen hatte und damit in die Stadt gefahren sie. Niemand wusste, was genau er dort zu erledigen hatte. Da erklang von der Treppe her Oles Stimme: Doch, ich weiß es! Er muss Farbe kaufen für das Scheunentor und Bretter brauchen wir auch noch. Er ist zum Baumarkt gefahren.“Aus dem Keller rief Mads: „Ja, und langsam wird es Zeit, das er zurück kommt. So werden wir ja nie fertig.“ In Omas Küche zischte es und mit einem: „Mist, die Kartoffel kochen über!“ verschwand sie um die Ecke. Lisbeth inspizierte den großen Topf, den Oma mit den Kerzenstummeln vor der Scheune abgelegt hatte und nickte zufrieden. Gemeinsam mit Emilia begann sie damit, dass Wachs in kleine Stücke zu schneiden und in den großen Topf zu werfen. Dann füllten sie noch zwei Körbe mit Wachsstückchen und riefen in die Küche hinein: „ Wir wären dann soweit!“ Könntest du uns bitte mit den ganzen Utensilien in den Garten bringen, sonst dauert das zu lange?“Natürlich konnte Oma und so ging es für die Beiden in ihrer großen Schürzentasche nach draußen in die Kälte. Dort half sie den Damen noch, ein Feuer zu entzünden, bevor sie wieder in ihre warme Küche zurückkehrte. Dort saß Ole auf seinem Platz und hatte sich einen Keks aus Opas Nikolaustüte genommen. Er bat um eine Tasse Kaffee, tat, als ob er ihren tadelnden Blick nicht gesehen habe und futterte munter weiter. Von schlechtem Gewissen keine Spur. Oma seufzte und reichte ihm den Kaffee. Draußen vor dem Haus hupte es. Das musste Leo sein! Sie eilte zur Türe, öffnete und staunte nicht schlecht. Der Bus war vollgepackt mit Brettern und auf dem Beifahrersitz stand ein riesiger Eimer Farbe. „Frag nicht Oma. Es war im Angebot, da musste ich zuschlagen“, grinste Leo von einem Ohr zum anderen. Es blieb ihr nichts anderes übrig, als den Bus samt Inhalt ins Haus zu tragen. Heute wollte wohl keiner seine Geheimnisse mit ihr teilen. „Bretter“, murmelte sie, „so viele Bretter. Was sie nur vorhaben damit?“ Sie zuckte mit den Schultern und wendete sich wieder ihrer Hausarbeit zu. Leo,  Mads und Ole, der endlich auch mit dem Frühstück fertig war, schleppten die Bretter alle in den Keller und gleich darauf hörte man sie wieder hämmern und sägen.  Als es endlich Mittag war und ihre Enkel ankamen, wurde es plötzlich still im Puppenhaus. Sie machen wohl auch Mittagspause, dachte Oma und rief hinüber: „Möchtet ihr auch essen?  Es ist genug für alle da.“ „Nein Danke““ rief Ole, „ Wir haben Reste von gestern, die müssen zuerst weg.“ Der kleine Raphael hatte Oles Stimme sofort erkannt und sauste in den Flur. „Ole, mein Freund, bist du auch wirklich nicht verletzt? Ich habe gehört, du hattest einen Unfall?“ Ole steckte den Kopf aus der Kellertüre, um dem Freund zu zeigen, dass alles in Ordnung ist.

„Tut mir leid, ich kann heute nicht mit dir spielen. Wir müssen das Scheunentor reparieren.“ Oma rief nach ihrem Enkel: „Ich glaube, die Nisser haben Weihnachts-geheimnisse  und wollen heute nicht mehr gestört werden. Komm, wir gehen mal nach draußen und fragen nach, ob die beiden Damen Hilfe brauchen bei ihrer Arbeit im Garten.“ Sie nahm ihn bei der Hand und ging mit ihm in den Hof. Dort schallte ihnen sofort ein: „Bitte nicht näher kommen“ entgegen :  „ Siehst du, auch hier Geheimnisse. Heute werden wir wohl nichts mehr von den Nissern zu sehen bekommen.“ Ein wenig traurig zog ihr Enkel sie wieder ins Haus und fragte: „Oma, magst du uns etwas vorlesen vom Christkind? Ich möchte heute kuscheln mit dir und Kekse naschen.“  Das ließ Oma sich nicht zweimal fragen. Sie kochte Kakao, legte Kekse auf einen Teller und suchte dann mit den Kindern ein Buch aus, aus dem sie ihnen vorlesen wollte. Ihre Tochter fuhr in die Stadt, um Weihnachtseinkäufe zu erledigen und die Drei machten es sich im Kerzenschein auf dem Sofa gemütlich. Oma las vor und auch die vielen Fragen ihrer Enkel nahmen ihr nicht die Freude daran. So fand Opa sie alle im Wohnzimmer vor, als er von der Arbeit kam und auch er setzte sich mit einer Tasse Kaffee dazu und freute sich an dieser gemütlichen Stimmung. Erst sehr viel später, als die Enkel wieder nach hause gefahren waren, ließ er sich von Oma berichten, wie die Nisser ihr von dem Malheur berichtet hatten und was sie nun machten. Es klopfte am Flurfenster und ganz durchgefroren ,  aber zufrieden dreinblickend, standen Emilia und Lisbeth auf dem Fensterbrett. Oma ließ sie ins Haus und verkniff es sich, sie nach dem Ergebnis ihrer Arbeit zu fragen. Sie kamen mit leeren Händen und hatten anscheinend alles verschwinden lassen, was sie da heute hergestellt hatten. Nun gut, Neugierde war noch nie Omas Fehler gewesen. Sie konnte warten. Die Damen verschwanden zähneklappernd in der Küche, kochten sich einen Tee und kümmerten sich um ein Abendbrot für die ganze Sippe.                                                                        

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